34 übers Jahr“. Daß ich mir genug ver¬ diene für alle Beide, ohne einen Pfennig von Deines Vaters Geld, das weißt Di und die Lieb' — die wird schon bei Dir kommen, wenn Du siehst, wie ich Dir zu Gefallen lebe. „Es kann nicht sein, Tonerl,“ sagte sie weich und starrt vor sich hin. „Ich weiß selber nicht so recht, warum. Wir passen halt einmal nicht zusammen das wird's wohl sein. Aber nimm's nicht die zu Herzen — Du findest schon Eine zu es werth ist, einen guten Mann kriegen. „Und Du?“ ich „Ich werd' schon kriegen, was in verdien'“ antwortet Anne=Marei etwas trotzigem Tone, der jedoch einer Anklang von Traurigkeit hat, was Ton indessen nicht entgeht. Und mit eine Miene, welche mehr ängstliche Besorgniß als Eifersucht verräth, tritt er ihr ganz nahe und fragt: „Ist mit Dem, den Du #77 „verdienst', der Nazi g'meint! „Was geht's Dich an?“ spricht gereizt das Mädchen, dem es leid thut, sich ver¬ rathen zu haben. „Schlag' Dir Den aus dem Sinn er ist es nicht werth“ —und dann stockt Toni, weil er denkt, was ihm von Naz Bänmer bekannt, dürfe er doch nicht an's Licht bringen; die Anne=Marei würde nur Neid oder Bosheit dahinter ver¬ muthen. Mit den Worten: „Behüt' Dick Gott und laß Dir's gut gehen,“ überläßt er die Sonnenwirthstochter ihren Gedanken und der Sorge um des flüchtig gewor¬ denen Gockels, und wandert beinahe bis an's Ende des Dorfes, wo er in ein schmuck aussehendes Häuschen eintritt, in welchem er gehofft hat, die Anne=Marei schalten und walten zu sehen. * * * Die Klein=Hesselbach zunächst liegend Stadt ist keine Großstadt, aber reich an sogenannten großstädtischen Genüssen. Von den untergeordneten Freuden bietet das im Freien liegende „Tivoli“ immer genug, um ein gewisses Publicum anzu¬ ziehen. Frisches Bier, preiswürdigen Wein bekommt man von einer feschen Kellnerin vorgesetzt, welche ihre Vorliebe für die männlichen Besucher in so aus¬ gesprochener Weise an den Tag legt, daß die weiblichen Gäste kaum darüber im Zweifel sein können, ob ihre Gegen¬ wart von der Schänkmamsell mehr ge¬ duldet als gewünscht wird. Aber „Tivoli“ zieht noch durch An¬ deres an, als guten Trank und mäßig billige Speisen. Jahr aus, Jahr ein spielt dort ein sogenanntes Variététheater. Bald ist es eine Wiener Soubretten¬ gesellschaft, bald lustiges Volk aus Italien oder gar dem fernen Afrika, das sich dazu hergibt, die Zuschauerschaft mit allen möglichen Kunststücken und musika¬ lischen Vorträgen, oft zweifelhafter Art in Spannung zu halten. Fein geht es eben nicht zu hier, denn die Damen in überaus kurz geschürzter Gewandung, welche lockere Lieder singen, gehören zum vorwiegenden Element, und die Zuschauer recrutiren sich aus Studenten in den ersten Semestern, aus Lebemännern und sonstigen Vergnügungssüchtigen. An demselben Abend, an welchem Anne=Marei einen Freier abgewiesen, sitzen an einem Tischchen im „Tivoli“ zwei Männer in eifrigem Gespräch. Sie haben sich im Freien niedergelassen, trotzdem die Meisten hineingegangen waren, denn die Abende sind schon empfindlich kühl und nicht verlockend zu langem Aufent¬ halt in dem malerisch auf einer Anhöhc gelegenen Garten. Einen der zwei Männer, dessen Züge einen unsympathi¬ schen Eindruck machten, scheint es auch zu frösteln, während der Andere, eine hübsche, jugendliche Erscheinung, offen¬ bar die Abendkühle nicht empfindet sondern vielmehr sich mehrere Mal die Stirne wischt. „David,“ setzte er eine seit länger mit seinem Gegenüber begonnene Unter¬ redung fort, „ich will eine bestimmte Antwort haben; lang genug schon habt Ihr mich zum Narren gehabt! Daß Ihr das Geld nicht auftreiben könnt, ist eine
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