28 seine Rührung zu verbergen; „ein guter Soldat hat blinden Gehorsam zu leisten und da Du doch einmal des Kaisers Rock tragen wirst, magst Du Dich jetzt gleich daran gewöhnen, Ordre zu pariren Die meine lautet: Flasche einstecken! und sie dem Vater heimbringen als Gruß vom künftigen Vorgesetzten des Sohnes. — vorwärts marsch! zeige Jetzt aber mir den Weg zu Vaters Quartier! Der Knabe fühlte sich machtlos gegenüber solcher ihm ungewohnten Energie. Dem schwachen Mann daheim den er Vater nannte, hatten Elend und Sorge nur wenig Thatkraft übrig gelassen. Schon trocknen des Kindes Thränen und die Hoffnung regt sich in seinem Herzen. Wenn der starke Mann, neben welchem er schon ganz vertrauensvoll einherschreitet, dem Vater die Hand zum Rettung bietet — ol dann wird noch Alles gut werden! Schon unter der Thüre, denkt er, wird er sie empfangen! Sporengeklirr ist ein so ungewohnter Laut in der elenden Miethkaserne, in welcher Möllner jetzt lebt, daß es selbst ihn weglocken würde von der Arbeit. Aber kein Ton der Außenwelt dringt an das Ohr des Bewohners der elen den Dachstube, denn als Richard mit einem Begleiter dieselbe betritt, liegt er besinnungslos am Boden. „Ungenügende Ernährung,“ lautete der Ausspruch des Regimentsarztes welcher zu Möllner's Beistand herbeige rufen wurde. Der Oberst hat keinen leichten Standpunkt, um den Kranken zur An¬ nahme des Nöthigen zu vermögen, und nur das feierliche Versprechen, er dürfe Alles bis auf den letzten Pfennig wieder zurückerstatten, sobald er arbeitsfähig geworden, bewegt ihn dazu, sich zu fügen. „Solchen Menschen ist nicht mit Almosen gedient,“ folgert der Gönner, den das Geschick Möllner zugeführt „Arbeit für sie zu finden, das ist die Sache! Aber was ein unmusikalischer Mensch, wie ich, thun muß, um solch einem Manne nützlich zu werden, das wissen die Götter oder — am Ende meine Frau. „Klothilde,“ ruft er die Gattin in dem commandirenden Tone an, dessen er ich auch daheim nicht ganz zu entledigen vermag, „ich habe Dir neulich abge¬ schlagen, einen Beitrag zu einem Wohl¬ thätigkeitsverein zu zahlen, weil mir oft scheint, es geschehe so viel für das Ge¬ meinwohl, daß für Solche, die einem der große Feldherr dort oben in den Weg führt, nichts mehr übrig bleibt. Du ollst aber ein andermal nicht vergeblich bitten, wenn Du mir jetzt einen Gefallen thun willst.“ „Nun? „Ich verstehe nichts von dem musi¬ kalischen Kram, der Dir so viel Spaß macht, und Du könntest mir zu Gefallen versuchen, einen alten, am Hungertuche nagenden Musiker als Lehrer in die Mode zu bringen. Geht das nicht, so lege Dich an den Ladstock und siehe, auf welche Art man einen Menschen ins Brot setzt, der solche nutzlose Kunst treibt.“ Die Frau Oberst lacht, bis ihr die Thränen in die Augen treten. „Lob Tadel, Verhöhnung der göttlichen Musik Alles in einem Athem,“ sagt sie, „das sieht Dir ganz ähnlich. Doch laß hören, um was es sich handelt, ehe ich durch ein feierliches Versprechen mich zu Thaten verpflichte, die mich bis zu meinem Lebensende gereuen könnten.“ Nachdem die kluge Frau Alles gehört macht sie keine weiteren Einwendungen und steht im Eifer nicht hinter dem Gatten zurück. Einer Frau in einer gewissen Stellung stehen verschiedene Mittel zu Gebote, um Jemand ans Tageslicht zu ziehen, der eine verborgene Existenz geführt. War es deshalb zu verwundern, daß es der ebenso umsichtigen und beliebten, als hochherzigen Officiersgattin gelang, Möll¬ ner's Talent am Abende seines Lebens Anerkennung zu verschaffen? Mit dieser blieb auch ein beschei¬ dener Wohlstand nicht aus, und dessen
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