Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1900

22 Das Licht von innen beleuchtete jetzt „Vater, kannst mir, dem Lump'n, sein ihr zugewandtes Gesicht, das ihr noch verzeihg'n?“ rief er, die kalte Hand völlig fremd war. Es war ein schönes des Kranken an sein thränennasses Gesicht Männerantlitz, aber blaß und in diesem drückend. Dieser aber konnte nichts Augenblicke angstverzerrt. sprechen, als immer nur die Worte: Bist da jatzt, Bua, bist endli'doch da? „Schlecht geht's ihm,“ sagte sie, während eine seltsame Bangigkeit sie be¬ Der Heimgekehrte erzählte, daß ihn schon vor Jahren die Reue erfaßt und chlich. „D'rum wär's mir auch lieb wenn die Wasservög'l geh'n thät'n. I ihm besonders in der letzten Zeit keine fürcht' mir, es könnt' dem Krank'n der Ruhe mehr gelassen hätte. Er hatte es Lärm schad'n.“ nicht mehr aushalten können — darum Der Maier flüsterte dem Vorsängen er da. war einige Worte ins Ohr, worauf dieser „Und jatzt kannst den Hof über¬ laut sagte: nehma, mei' Bua. Du verdrängst freili „Buam, nehmt's dem Maier d'Kirm an Andere dafür — das Dirndl da, ab, er ziaght nimmer mit uns. Und wir das Dich so verzuckt*) anschaut, aber es soll'n auch weiter geh'n, denn der Scheib'n¬ ließ' sich schon vermitteln, jawohl es bauer ist zum Sterb'n. Na, unser Herr¬ ließ' sich vermitteln!“ gott schenk' ihm a glückselige Sterbstund'!“ „Wir werd'n schon oanig miteinand, Als die Burschen sich entfernt hatten das Dirndl und i,“ sagte Hans, dem kehrte der Maier wieder zum Fenster Mädchen mit einem warmen Blick in die zurück und fragte: Augen sehend und seine Hand drückend. „Bist Du die jung' Dirn', der jatzt Der Greis sank nun matt in die Scheib'nhof g’hört?“ der Kissen zurück. Die gewaltige Aufregung „Ja.“ hatte seine letzten Lebenskräfte erschöpft. „I bin“ — hier wurde seine Stimme Er verfiel in einen starrkrampfartigen fast unverständlich — i bin Oaner aus Schlaf, aus dem er erst gegen Morgen Amerika. I möcht' den Alt'n noch amal erwachte, um bald darauf für ewig ein¬ sehg'n, eh' er stirbt.“ zuschlummern. Seine letzten Worte waren „Hans!“ schrie Nanni auf, den gewesen: Kranken, sich und Alles vergessend. „Hans „I hab' mein' Buam mit G’walt bist Du's wirkli'?“ derleb'n woll'n. I hab' ihm Haus und „I bin's. Schau aber um, daß Dick Hof g'sichert. Und wenn unser Herrgott der Vater net hört! Er kunnt' sich z'Tod so moant wie i, aft hab’ i ihm noch für chrecken an mir.“ Und — ein brav's Weib auch g’sorgt. Nanni rutschte von der Bank und wollte er hat 'glaubt, i hätt'n mein Lebtag zur Thüre eilen, da fiel ihr Blickauf den — Hans net leid'n könna! — Bua Bauern, der jetzt aufrecht im Bette saß i hab' Dich ja doch g'mögt.“ Gelt,“ rief er so laut er konnte, „gelt, i hab's ja g’wißt! Der Bua ist's Als Nanni ihm die Augen zudrückte laß'n eina, mein Buam!“ und Hans schluchzend an des Vaters Seine Augen glitzerten wie matte Sterbelager niederkniete, ertönte vom Sterne und er lächelte. Thale herauf der Abschiedsreim des Der draußen Stehende aber konnte heimkehrenden Pfingstvogels: sich nicht mehr länger halten. Er schleu¬ „An Gott dem Herrn is Alles g'leg'n, derte den Hut vom Kopfe, stieg durch Pfüat Enk Gott auf's Wiedersehg'n! das Fenster und lag im nächsten Augen¬ blicke vor dem Bette auf den Knien. *) Selig. ——

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