Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

32 Flaschen Sillery los und in fröhlichster Stimmung feierte man die Versöhnung. Herr Rosemann hätte jetzt alle Ursache gehabt, stolzund glücklich zu sein, denn nicht nur die Damen erschöpften sich in Liebenswürdigkeiten ihm gegenüber, nein, auch die Herren versicherten ihn ihrer Freundschaft und mehr als einmal bekam er zu hören, daß seine Theilnahme an der Partie derselben erst die richtige Fröhlichkeit verliehen hätte; aber merkwürdiger Weise blieb er ziemlich still und er wurde sichtlich von einer bedrückten Stimmung beherrscht. Theilnehmend fragte man ihn, ob er sich unwohl fühle oder ob ihm die Hautabschürfungen am Halse oder die Schmarre auf der Wange, welche noch immer sichtbar war, Schmerzen verursachten. Aber nein, sein Leiden saß tiefer. Ihn plagten. nämlich Gewissensbisse wegen des Wnrstdiebstahles und vergebens zermarterte er sein Gehirn nach einem Beschwichtigungsmittel für den Zorn seiner holden Ehehälfte. Er mußte ihr entschieden etwas Hübsches mitbringen, aber was? — Da halfen ihm die Damen aus der Klemme, indem sie ihm vorschlugen von dein weltbekannten Warmbrunner Gebäck zu kaufen, während die Herren ihm eifrig die sehr gerühmten Wiener Würstel einer bekannten Firma in Warmbrunn empfahlen. Das ließ sich Herr Rosemann nicht zweimal sagen und ging sofort in die bezeichneten Geschäfte, um diese Specialitäten einzu- kaufen. Mit großen Packen kehrte er sehr bald zurück und da er noch zwei Flaschen Stonsdorfer dazu erworben, sah er tveniger muthlos der Zukunft entgegen. Die Heimfahrt verlief ohne weitere Zwischenfülle, nur war man etwas müde und abgespannt von der durchschwärmten Nacht. — Rührend war noch der Abschied von dem biederen Sachsen, der freiwillig und unfreiwillig so unendlich viel Stoff zur Heiterkeit geliefert hatte. Man versprach, ihn bald einmal zu besuchen und ihm ein Bild von der Aufnahme vor der Peterbaude als Andenken zu schicken. Das erfüllte ihn zuerst mit großer Freude, plötzlich, nachdem er sich bereits endgiltig verabschiedet hatte, kam er aber noch einmal zurück gelaufen und erklärte, ganz außer Athem: „Härenst, mit dem Bilde habe ich es mir doch überlegt. Schicken Sie mir lieber keins. Meine Frau ist manchmal ein bisset komisch und hat mitunter eifersüchtige Anwandlungen. Ganz unberechtigter Weise natürlich. Aber wenn sie nun die drei hübschen Damen auf dem Bild sieht und mein zerschundenes Gesichte, da könnte sie am Ende auf falsche Combinationen verfallen, und das könnte mir schlecht bekommen. Also nichts für ungut, meine Herrschaften, in meinem Herzen wird mir Ihr Bild unverlöschlich stehen bleiben und wenn mir auch Ihr Rübezahl arg mitgespielt hat, schön war's aber doch!" Damit schwenkte er seine Pelzmütze und ging seiner Wege. „Na," meinte der Rechtsanwalt, „den armen Teufel beneide ich auch nicht um seinen Empfang zu Haust. Nach Allem, was er so erzählt hat, scheint ja die geliebte Bauline ein recht netter Hausdrache zu sein und ob er das leicht zerbrechliche Warmbrunner Gebäck nicht als lauter Krümel heimbringt, möcht' ich bei seinem persönlichen Pech noch nicht er- schwören. Wollen wir ihm das Beste wünschen. — In seinen Schlußsatz „schon war's aber doch" stimmen wir wohl Alle von Herzen mit ein und wenn wir nächsten Winter das Leben haben, so--------" „Machen wir wieder eine Hörnerschlittenpartie!" fielen die Anderen jubelnd ein. ,

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