Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

14 verhöhnt, geschändet, verachtet und gemieden von aller Welt! Ihr Mann zudem war jetzt nur ein befohlener Mann, und der Schaden that ihm nicht weh; aber hat er's verdient, durch sie geschändet, durch sie allgemein verspottet zu werden? Sollte sie nutzlos seine Ruhe, seine Achtung in der Welt verderben? Und so war eine Fülle von Weh über zwei Herzen gekommen, die siechten, eines im eisenvergitterten Kerker, das andere in einem Gefängniß ohne Eisenstäbe und Riegel, aber vielleicht zwängender und bitterer als jenes. Gegen Hans Mosner wurden wegen hartnäckigen Leugnens auch schon all- mälig schärfere Maßregeln angewendet, ihm ward zuweilen Tageslicht, Kost oder Lager entzogen; der arme Bursche war düster und schwersinnig. War er doch kaum, innerhalb weniger Tage erst, die Brust gespannt von Lebenslust, Hoffnung und frischer froher Freudigkeit, heimgekehrt, und hatte er seine Mutter, seine Geliebte, sein Häuschen, seine Ehre, seine Freiheit, alle hohen und heiligen Güter des Lebens verloren! Das war zu rasch, zu furchtbar traumähnlich für einen jungen, schmerzens- unerfahrenen Burschen. — Daß auch Anne Marie an seine Schlechtigkeit vielleicht glauben konnte, fiel ihm zuweilen wie ein brennender Funken ins Herz, der es rundherum glimmend ausfraß; — er fuhr wild auf oder sprach allerlei von Zither, Grab, Häusl und Mutter durcheinander, oder summte leise Lieder, daß Einem das Herz vergehen konnte dabei! Der Kirchtag war auch im Gerichtsorte; der Lärm der Burschen, die vielerlei Lust schlug an sein Ohr — und er saß da innen. Da innen schuldloser als Manche draußen! Der Gendarmeriemajor inspicirte zeitweise die Gefängnisse. Er sah sich mich bei Hans Mosner um. Dieser mitsammt seinen Ketten stellte sich kerzengerade, wie ein Jäger in Reih und Glied, und' salutirte. „Was, Du bist's, Mosner? Kennst Du mich noch von Eurem Bataillon, als wir in Bozen standen? „Herr Hauptmann — mein guter I Herr Hauptmann — Major will ich sagen — damals waren Sie unser Com- pagniehauptmann!"nndHans fiel vor ihm ^ auf die Knie und faßte seine Hand, sie an seine Lippen pressend. Der Major strich etwas verlegen seinen Schnurbart rechts und links, machte sich langsam los und ließ dann über Hans würdige mitleidige, aber ernst strafende Reden ergehen; — wie er das von ihm nie gedacht hätte — und was man derlei sagt, wenn man nicht zu weich werden darf und doch etwas Hartes, das man sagen muß, nicht gar zu hart sagen will. „Mein Gott, mein Gott!" rief Hans ein über das anderemal und betheuerte seine Unschuld, und bat nur, der HerrMajor möge doch auch für seine Unbe- scholtenheit zeugen — und er sah bald so verweint und wehe drein und redete allerlei von seiner Mutter und der Zither — von herzzersprcngendem Heimweh — wenn er nur seine Zither haben könnte, daß der Major weggehend sprach, er wolle sehen, was sich thun lasse. Der Major sprach auch mit dem Untersuchungsrichter, und schwur hoch und theuer, der Hans Mosner sei ein kreuzbraver Bursche! war's immer bei der Compagnie! Aber wenn's auf alle Ver- ' dachtsgründe zusammeugenommen ankam, mußte er als Amtsperson die Achseln zucken und eingestehen: wenn der Delinquent im besten Falle davon käme, so wär's nur mit dem schwarzen Flecke und Zusätze: „wegen Mangel an vollständigen Beweisen." Der Richter glaubte wenigstens zu erkennen, daß die Ertrotzungsmittel bei dem gemüthoollen, aber oft störrig und wild auflodernden Burschen nichts nützen, und so wolle er es einmal mit dem Entgegengesetzten, der Milde und der Ein-

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