11 „Es ist vorbei! — Es wär besser vielleicht gewesen, wir hätten uns heut' nit g'sehen. Hans, denk daran — i bitt Dich um Gottes willen — denk, was ich , g'schworen hab' vor'm heiligen Altar; — ich will's halten! — Es ist vorbei! — Ich bitt Dich nur noch Eins. Spiel nit in der Nacht, mir zerreißt's Herz!" „Und meine arme Mutter da drüben?" „Red'mit ihr in Gedanken und bet'!" „Es ist das Einzige, was ich noch hab'. Im Dorf d'rin' hab' ich ja gar nix mehr. Ich gehör' nirgends mehr anders hin, als da her. Mir ist oft, als müßt' ich verrückt werden! — nur das Stückchen Erde sünftigt mich. Ich hab' Alles verloren, nur das und meine Zither nit. Und mir ist, wenn ich spiel', als säß mein arm's Mütterl neben mir wie einstmals, und schlagt seine Angen auf und hört mir zn." „Spiel' nit, i bitt' Dich!" „Ich werd' ja bald geh'n, geh'n vielleicht zu meiner Mutter selber!" Und er grub eine seiner Handflächen in seine Augen. Eine Weile blieb er stumm, dann hob er auch seine Rechte und streckte sie zitternd nach der ihren vor: „Hab' mir nix für ungut — verzeih mir Alles, Alles — ich bin elend genug; nein, nein, es ist Alles gut — es hat so sein müssen, b'hüt Di Gott!" Anne Marie sank auf diese Hand hinab und übergoß sie mit Thränen und Küssen. Hans war es, als hörte er ein Rauschen; er wendete sich um und sah sorglich nach allen Seiten; — es war nichts. Er wollte Anne Marie noch einmal zum letzten Abschiede an seine Brust ziehen; sie wehrte ihn ab. „Hans, das wär' nit recht; meine Lippen müssen Dir heilig sein; mit mein' Willen hast noch keinen Kuß. — B'hüt Di Gott!" „Für immer?" „Wie's der Himmel lenkt!" Hans war's, als müßte er noch einen letzten Kuß rauben; — er drängte sich an sie — im selben Augenblicke horte er ein Geräusch — und fühlle er sich schon Überfällen; — dnnkle Wolken streiften den Mond — Anne Marie eilte mit einem halb unterdrückten Schrei entsetzt davon —■ die beiden Männer rangen — Hans trat zufällig in die Zither — mit einem schrillen Ton brach sie ein — das zuckte ihm, schwächend, durchs Herz, — sein Fuß verwickelte sich in den Saiten, er fiel, und als er sich empvr- raffte, lag er, an vielen Stellen wund geritzt, einsam und doppelt elend am Boden. Der andere Mann war verschwunden. * * Blaß und bleich saß Anne Marie bei ihrer Lampe. Es konnte um ihre ganze Zukunft, um die Ehre, um ihre arme Mutter geschehen sein! Aus dem rückwärtigen Garten hervor hörte man endlich die Stimme ihres Mannes, der einem Knechte einen Befehl gab. Michael Eggering trat ein und grüßte sein Weibchen wie sonst. Anne Marien fiel eine unendliche Last von dem fast zu Tode gepreßten Herzen. . Sie musterte heimlich seinen Blick. „In diesen Gemeindesachen gibt's nichts als Verdruß!" äußerte Michael etwas fiuster. Die Nacht verging. Der Morgen rathete kanm den First des Hauses, und der Hahn war kaum, seine Flügel fächernd, von dem Apfelbaume im Hofe gesprungen, als der Weinhüter des Dorfes in seiner cnriosen Kleidung, mit dem Lederriemen über der Brust, an dem ein alter Säbel hing, mit der zerbrochenen und rostigen Trompete an einer Schnnr, und dem langen Stocke in der Hand, im Hofe stand und Herrn Michel Eggering zn sprechen verlangte. _ Die Knechte machten bald große Augen und verblüffte Gesichter, und als sich der Herr oben am Fenster zeigte, fragend, was es gebe, riefen ihm von
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