Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

auf dem gelben Wege zwischen den grünen Feldern, ein Zug. War's der Zug seines Dorfes? Kamen sie von oder gingen sie nach der Kirche? Denn der Einen Heinnvcg Marder^ Andern Kirchgang. — Waren's die Seinen? War auch sein Mntterlein dabei? War auch Anne Marie, der Nachbarhänslerin Tochter dabei? In Drang und Bang jauchzte er auf und schwenkte seine Soldateumütze hoch, daß sie ihn bemerkten. Die Leute blieben stehen und sahen nach dem Wege, von wo das Jauchzen gekommen war. Hans schwenkte aufs Neue lebhaft; endlich ward er bemerkt und einige Bursche aus dem Zuge jauchzten zurück. Und nun hörte er schon Musik, Geigenklaug und Trompetenton, sowie das schrille lustige Pfeifen der Clarinette. Und Hans sang ein „G'saugl" hinüber: Ja, d'Hoaniat und d'Herzen Reißt nix ausanand — In Himmel möcht i sein Und ah dahoam in mein Land! Und des Faßbinders Kilian trat vor und sang hinaus: Kimmst wo der willst, Kimmst wann der willst, Bei uns hat's ka Noth — Bist nur a braver Bna, So grüaß Di Gott! . Hans schrie alle Namen der Bursche, die er wußte, augeublicklich durcheinaud und lief vor, und vom Zuge kamen auch einige zugelaufen, und ehe wenige Minuten vergingen, hallten Berg und Thal von Jubelschrei und Nameusrufen wieder. Und Allen war wohl, nur Zweien nicht im Zuge. Dem alten Bauer und Geschworenen des Ortes, Michael Eggering, dem mit Haus, Feld und Weingarten reich versehenen Michael Eggering, demselben jungen Gatten Michael Eggering, der eben heute, zwei Jahre nach dem Tode seiner Frau, geheiratet hatte und jetzt aus der Kirche von der Trauung kam. 3 Und die zweite Person im Zuge war Anne Marie — der armen Häuslerin blühende, bildhübsche, wie ein Goldveigel so schlanke und helläugige Anne Marie, die noch den Brautkranz in den Haaren hatte und vor drei Jahren beim Fortzuge Hansens, schwere bittere Thränen weinend, hinten im Nußwäldchen heimlich, aber desto wollüstig schmerzhafter in seinen Armen gelegen hatte. Und die Rosensträuße und die Bänder der Bursche waren nach den ersten Begrüßungen rasch erklärt! „Wer sind die Brautleut'?" „Der alte Eggering-Michel!" „Und?" „Und die Anne Marie von der alten Lisbeth!" . Hans zuckte mit der Hand nach dem Herzen, das Bündel mit dem Stock entfiel ihm, er ward blaß und roth gleichzeitig, und wankte. Er drückte die Augen zu und lehnte sich auf Einen, er wußte selbst nicht wen. Eine Weile war er stumm. Die weißen Hemdfalten drängten au die Brustöffnung des Rockes vor und zogen sich wieder zurück, so heftig, so rasch athmete er; — der Schweiß bedeckte seine Stirne. Alle schwiegen. Endlich bewegte Hans die blassen Lippen und sagte mit gebrochener Stimme: „Führt's mi — — zu — meiner Mutter!" Seine Mutter war todt! * Die Hochzeit im Bauernhause hatte die so rechte Freude uinuner. Die Tische bogen sich unter der Last des Gebotenen, die Musikanten spielten die besten Weisen, die sie nur wußten; aber so halsbrecherisch hinauf die Clarinette sich wagte, so viel Kolophonium die alte Geige auch aufstrich und wieder redlich ab- schabte — es wollte nicht so recht vorwärts! Die alten Bauern thaten ihr Möglichstes, um von Wind und Wetter

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