Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

147 Franz Winkle r, welcher 16 Jahre lang Kirchenprobst war. An dessen Stelle wurde der Bauerngutsbesitzer Leopold P l a ß in Hausleithen ernannt. Der in weiten Kreisen bekannte und allgemein geachtete Bäckermeister Franz Zaun er in Pich lern wurde am 20. Mai Nachmittags auf der Christkindler- leithe bei Steyr in der Nähe des „rothen Kreuzes", abseits von dem auf der Leithe führenden Wege und mehrere Meter unterhalb desselben, auf einem Borsprunge der Leithe todt aufgefunden. Zauner war am Vortage wie gewöhnlich zum Steyrer Wochcnmarkt gefahren und hatte Mittags den Heimweg zu Fuß über die Christkindlerleithe angetreten. Von da an war er verschollen und seine Familie, die ihn inAengsten zuHause vergebens erwartete, veranlaßte die Aufsuchung des Vermißten, der sonst immer regelmäßig nach Hause gekommen war, worauf dessen Leiche am folgenden Tage Nachmittags an der erwähnten Stelle aufgefunden wurde. Die gerichtsärztliche Untersuchung derselben ergab, dass an ihr nicht die geringsten Spuren eines äußeren Gewaltactes zu bemerken waren, jedoch fand man in den Kleidern der Leiche sonderbarerweise nur ein Zehnhellerstück vor. Die Kleider waren in vollkommener Ordnung. Zauner litt seit Jahren an Kongestionen gegen den Kopf, und es wurde dessen plötzlicher Tod in Folge Blutergusses ins Gehirn constatirt. Das Fehlen der Brieftasche, sowie inehrerer Gegenstände, die Zauner in Steyr eingekauft hatte und mit sich trug, wurde dahin erklärt, dass die Leiche beraubt worden sein dürfte. Die in dieser Beziehung gemachten Erhebungen blieben resultatlos und Viele glaubten, Zauner müsse ermordet worden sein. Wie Zauner an die Stelle kanr, >.vo sein Leichnam aufgefunden wurde, blieb ein Räthsel. Der Familie Zauner wurde ob des Unglücksfalles allseits herzliche Theilnahme entgegengebracht. Der Verblichene war ein unternehmungslustiger Mann und hatte erst vor Kurzem beim Bohren eines artesischen Brunnens auf seinem Besitz- thume in Pichlern eine Jodwasserquelle entdeckt. Das Leichenbegängnis; Zauner's, welcher Gemeinderath von Sierning und Oberlieutenant des dortigen Bürgercorps war, gestaltete sich in Folge der großen Betheiligung von Leidtragenden zu einer imposanten Trauerkundgebung und bezeugte die vielen Sympathien, die der Verblichene in; Leben allseits genossen hatte. Dasselbe fand von der Capelle des Landerl'schen Krankenhauses in Sierning aus auf den dortigen Friedhof statt. Die zehnte ordentliche General-Versammlung der Actionäre der Steyrthal- b a h n - G e s e l l s ch a f t fand in Steyr am 21. Mai im Rathhause unter dem Vorsitze des Präsidenten Dr. Johann H o ch h auser statt. Die Ergebnisse des Betriebsjahres wiesen aus 128.881 st. an Einnahmen und 84.709 st. an Ausgaben, daher einen Vetriebs- überschuß von 41.172 st. Die Steigerung der Einnahmen gegenüber dem Vorjahre betrug 14.908 st., die umsomehr eine beträchtliche genannt werden kann, als der Verkehr in Folge der Hochwasserschäden eine längere Unterbrechung erlitt. Dem Jahresberichte ist betreffs der Hochwasserschäden zu entnehmen, daß die Bahn an vielen Stellen beschädigt, an einzelnen Punkten der Strecke Grünburg— Agonitz sogar vollständig fortgerissen worden war. Um in Hinkunft vor Katastrophen von solcher Tragweite geschützt zu sein, wurde die Bahn-Nivelette gehoben, sowie die Uferschutzbauten in den gefährdeten Strecken erhöht und verlängert und an der exponirtesten Stolle (bei Groißenbach) eine vollständige Berlegung der Bahntrace landeinwärts durchgeführt'. Die Gesammt- kosten dieser Herstellungen erforderten rund 100.000 fl. Zur Deckung derselben wurde bei der Sparcasse Steyr ein HypothekarDarlehen in demselben Betrage ausgenommen. Der R e i n g e w i n n aus dem abgelaufenen Geschäftsjahre betrug 35.792 fl. Wie in den Vorjahren wurde auch diesmal beschlossen, von der Auszahlung einer Dividende abzusehen und zur gänzlichen Abzahlung des Restes von der Bauschuld an die Allgemeine Depositenbank 24.600 fl. zu verwenden. In den Verwaltungsrath wurden gewählt Johann Berg er, Dr. Johann H o ch h a u s e r, Carl' H o l u b, Josef H u b e r, Josef Rede r, Victor S t i g l e r und Eduard W e r n d l. Unser Bild auf Seite 148 zeigt die große eiserne Fahne, welche als Huldigung der Bewohnerschaft der Gemeinde Ternberg auf der dritten, der schönsten Spitze des Schobersteins zur dauernden Erinnerung an das 50jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers am 22. Mai errichtet worden war. An diesem Tage prangte das schöne Tratten- bachthal in reichem Flaggenschmucke. Ein Festzug, bestehend aus der Gemeindevertretung, dem Veteranenvereine, dem Verschönerungsvereine, Veteranen aus Molln, sowie vielen geladenen Festgästen aus Steyr, darunter Bezirkssecretär Rudolf Knopp, bewegte sich unter Vorantritt der Musik- capelle von Ternberg aus auf den Schoberstein, dessen Spitzen ebenfalls beflaggt waren. Die Fahne wurde im Zuge von acht Veteranen hinaufgetragen und unter Pöllerknall aufgepflanzt. Sie besteht aus einer 5 Meter hohen Eisenstange, an welcher die 1'65Meterlange und 1'2 Meter breite schwarz-gelbe eiserne Fahne angebracht ist. Dieselbe ist mit den Jnstgnien des Kaisers, dem kaiserlichen Adler und den Jahreszahlen 1848 —1898 versehen. Veteranenvorstand Josef Rameis 11*

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