Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

137 _ Der in Steyr und im Steyrthale, sowie iveit über die Grenzen seines Heimatlandes wohlbekannte Oberosficial im EisenbahnMinisterium Franz H ö l z l h u b e r starb am 4. Februar nach kurzem Krankenlager in seinem 72. Lebensjahre in Wien. Der Verblichene war Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone/ des goldenen und silbernen Verdienstkreuzes. Hölzlhuber hat ein bewegtes, ehrenvolles und thaten- reiches Leben hinter sich, er lebte viele Jahre in Steyr, ivar Mitglied der Steyrer Liedertafel bei deren Gründung 1830, in den Siebziger-Jahren Vorstand des Männergesangvereines „Kränzchen", sodann Ehrenmitglied desselben so- ivie der Liedertafel SierninAhofen und nahm überhaupt an den Geschicken unserer Stadt lebhaften Antheil. Der interessante Lebenslauf dieses Mannes verdient, der Vergessenheit entrissen zu werden. Franz Hölzlhuber wurde am 22. September 1826 als Sohn des Gastwirthes im Biertz ä u s l zu Gründberg bei Steyr, Pfarre Sierning, geboren, worauf die Familie bald nach Sierning übersiedelte. Er zeigte früh ausgesprochenes Talent für Musik, trat als Lehrling in ein Eisenhandlungsgeschäft in Sierning und zugleich als Musiker in die dortige Bürgermusik-Capelle. Nach einigen Jahren wendete er sich dem Lehrfache zu und wirkte in Leonstein und Bad Hall als Franz HSlzlhnber f. Lehrer. 1830 wurde er Kanzellist beim Land- und Pfleggericht in Leon st ein, und ein Jahr später Dinrnist beim Bezirksgerichte in Linz. 1852 warf er die Schreiberfeder von sich, begab sich nach Wien, und trat nach abgelegter Prüfung als Chorist in das priv. Theater in der Josefstadt ein. In seinen freien Stunden befaßte er sich mit Landschaftszeichnen, und als beliebter Sänger und Declamator hatte er in den besten Häusern der Residenz Zutritt. Als 1853 dieses Theater in Concurs gerieth, sagte Hölzlhuber dem Theater valet und man sah ihn von da ab in den Sommermonaten in den Curorten Jschl, Reichenhall und Bad Hall als Landschaftszeichner, in den , Wintermonaten in den Städten Linz, Leoben, ! Graz, Salzburg, Innsbruck, wie auch in Bayern als Concertsänger auftreten. Durch Empfehlung des Capellineisters A.M. Storch schloß Hölzlhuber mit einem Theateragenten einen Contract nb, wonach er als Kapellmeister für ein deutsches Theater im Nordwesten Amerikas engagirt war. Im Herbste 1855 trat er seineReise nach Amerika an, leider ging aber der gleichzeitig von Wien abgesandte Contract auf der Fahrt über den atlantischen Ocean mit dem Dampfer „Pacific", welcher an einem Eisberge in der Nähe von Neufundland zerschellte, mit der ganzen europäischen Post zu Grunde. Nun ließ sich Hölzlhuber, wohl recht sehr enttäuscht, in der Stadt M i l iv a u k e e im Staate Wisconsin nieder, woselbst er eine Zuckerbäckerei errichtete, welches Geschäft er als Junge zu Hause bei seiner Mutter erlernt hatte, die eine Zuckerbäckerei inSier- ning betrieb. Hölzlhuber lebte vier Jahre in Milwaukee in den verschiedensten Stellungen. Er trat als Sänger, Schauspieler, Dirigent und Com- ponist auf und wurde stets mit großem Beifalle ausgezeichnet. Im letzten Jahre wurde er als Zeichen- und Gesangslehrer dortselbst an die deutsch-englische Akademie berufen und war zugleich Mitarbeiter größerer illu- strirter Zeitschriften in New-Aork, Leipzig und Stuttgart, als welcher er weite Reisen längs des Oberen Mississippi und der fünf großen Inland-Seen, sowie nach Canada rc. unternahm. Auch als Schriftsteller fand er in den verschiedensten Journalen des Jn- und Auslandes freundlichste Aufnahme. Im Jahre 1860 kehrte er nach Europa zurück. Beim großen deutschen Sängerfest in Nürnberg 1861 erwarb er sich als „nächtlicher Sänger aus Stadt Steyr" viel Lob, Kränze und Blumen, und es wurde sein schöner Gesang sogar im Gedenkbuche der Stadt Nürnberg verewigt. Im Jahre 1862 war Hölzlhuber als Arrangeur bei der k. k. österreichischen Ausstellungscommission 10

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