Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

115 mich dereinst ruft, ich beruhigt vor ihn darf treten!" Der Markgraf hatte mit großer Aufmerksamkeit den Worten des alten Recken gelauscht und seine Mieneu verriethen das große Wohlwollen, das er bem Plane des Ritters, sein Pflegekind zu adoptireu, entgegenbrachte. Allein so ganz war Ottokar nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie Ritter Ellanperht sich die Adoption vorstellte, und er sprach daher leise, das Haupt bedenklich schüttelnd: „Traun, mein lieber Ritter Ellanperth, was Ihr au dem Kinde Gutes gethan, das find' ich all' des Lobes werth, das die edle That eines braven Rittersmannes von aller Welt verdient, und wenn Ihr Euerem Pflegekind Euer Hab und Gut vererben wollt, so ist das nur billig und mir ist'S recht — aber den ritterlichen Titel aus ein — Ihr verzeiht doch wohl den schroffen Ausdruck, er ist ja nicht so hart gemeint und soll nur als klares Wort in der Sache dienen—Findelkind, dessen Herkunft Niemand weiß, übertragen, daS ist, mit Verlaub, doch etwas gar 511 weit gegangen und ist von Euch, bei aller Lieb' und all' Euerm guten Herz für Eucre Pflegetochter, wie schon so oft, nichts weiter — als eine S ch ru ll e!" Dein Ritter stieg bei diesem etwas harten Wort seines Landesherrn, das auf Ellanperhts Absonderlichkeiten gemünzt war, das Blut zu Kopfe und er mußte sich mit Gewalt beherrschen, um nicht voreilig zu erwidern, was ihm umso besser gelang, als er sich sagen mußte, daß der Markgraf so unrecht nicht habe. Das Findelkind konnte ja die Tochter eines Unfreien sein, und eine Unfreie mußte erst frei gemacht werden, ehe eine Rangerhöhung eintrat; das Dunkel, das über die Herkunft des Kindes schwebte, ließ die Erfüllung des zweiten Theiles der Bitte Ellanperhts derzeit wirklich unthunlich erscheinen. Ritter Ellanperht ließ sich aber, hatte er nach reiflicher Ueberlegung einmal einen Entschluß gefaßt, nicht so leicht anderen Sinnes machen, und die Bitte, seiner Pflegetochter nebst seinem Vermögen auch seinen ritterlichen Rang vererben ju dürfen, hatte einen triftigen Grund. Er hätte über denselben nicht gesprochen, nachdem er das für seine alleinige Sache hielt; jetzt, wo der Markgraf sich nicht geneigt zeigte, ihm das zu bewilligen, wodurch er das Lebensglück seiner Pflegetochter dauernd zu begründen hoffte, die Staudeserhöhung derselben, jetzt war es an der Zeit, ganz klar zu reden, vielleicht änderte der hohe Herr seinen Sinn, erfuhr derselbe Alles. — Ottokar V. war ja ebenso gerecht als ritterlich und zarteren Herzensregungen nicht unzugänglich. Das Alles schoß dem Ritter blitzschnell durch den Kopf und rasch entschlossen erwiderte er mit fester Stimme: „Wohl, gnädigster Herr, hab' ich gar manche Schrulle im Leben schon gehabt, doch vermeine ich, dass es keine schlimmen waren, und auch diese meine jüngste Schrulle entspringt nur guter Absicht — wär's so schlimm, mein gnädigster Herr, wenn grad diese meine Schrulle all' die andern wett machte und für zlvei Menschenkinder zum Segen könnt' gereichen?" „Ei, ei, Herr Ritter", rief der Markgraf überrascht aus, „versteh' ich recht, so wollt Ihr, daß ich Euch nicht nur eine Tochter, sondern auch einen Schwiegersohn bescheer'", und setzte, als Ellanperht bejahend das Haupt neigte, lachend hinzu: „St. Georg, Ihr macht gar reinen Tisch, mein lieber Ellanperht, laßt doch hören, lvie das wohl wär'?" „Ist gar einfach anzuhören, mein gnädigster Herr", meinte der Ritter freudig bewegt, da er aus seines hohen Gebieters guter Laune neue Hoffnung schöpfte, „hab's gar wohl bemerkt, daß seit einiger Zeit der Hedwig ein junger Rittersmann sich nähern will, in allen Ehren natürlich, und eben drum muß ich gar reinen Tisch zu machen mich beeilen, sonst gäb' es ein elend Menschenkind mehr in der Welt, denn die Hedwig ist keine wie der Wind!" Der Markgraf nickte gnädig, als ob er sagen wollte: „Das erhoff' ich mir", und fragte leichthin: „Und der girrende Rittersmann, hat der sich schon bei Euch erklärt?"

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