Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

110 Worten seines Landesherrn lag, er war glücklich, daß der hohe Herr gegen sein Thun keinen Einspruch erhob. Er nahm dessen Worte als Anerkennung hin und erwiderte bescheiden: „Ich hab' es eben in Eueres seligen Herrn Vaters und Euerem Dienst gelernt, das Leben sich zu verfeinern, und thu was ich kann — kein ehrlicher Mann, der mehr zu thun sich vermißt, als seine Mittel ihm erlauben!" „Recht so, mein lieber Ellanperht", stimmte dann der Markgraf lächelnd zu und klopfte den Alten leutselig auf die Schulter. Das war freilich nur eine gnädige Duldung der Schrullen eines alten, hochverdienten Dieners, allein der Ritter fand darin nur einen Ansporn zu wei- terenr „Schaffen". Um jeue Zeit hatte Markgraf Ottokar V. das Kloster Garsten gestiftet') und der Bau des Klosters und dessen innere Einrichtung gaben dem Ritter Ellanperht willkommene Gelegenheit, Manches für seine Vogtei am Dachsberg zu lernen und zu verwerthen, und da er in der Lage war, dem Kloster, das er sogleich in sein Herz geschlossen hatte, manche Gefälligkeit zu erweisen, erwiederten dies die Cleriker zu Garsten damit, daß sie des Alten gewaltiger Sehnsucht nach Bildern Rechnung trugen, indem ein junger Mönch, der in der Malerei nicht unbedeutende Fertigkeit besaß, bem Ritter gar manches Bildlein verfertigte, das freilich nicht immer fein und sauber ausfallen konnte, nachdem Ritter Ellanperht es sich nicht nehmen ließ, seine Gedanken dazu herzugeben und die Art der italienischen Meister, wie e r sie eben auffaßte, dabei durchgeführt haben wollte. Eures Tages hatte Ritter Ellanperht den Auftrag erhalten, sich mit dem Klostervorsteher Eberhard in Garsten tvegen der Abgrenzung von Wäldern, die der Markgraf dein Kloster verliehen hatte und deren Grenzen an die Vogtei am Dachsberg stießen, in'S Einvernehmen zu setzen und der Alte ritt wohlgemuth fürbaß gen Garsten, denn es war ihm allemal eine rechte Labsal, daselbst mit den hochgebildeten Mönchen ein paar Stündlein zu verplaudern. Die Baulichkeiten des Klosters waren damals sehr klein und recht einfach, meist ebenerdig, nüt einem Halbstock zum Sträßleiu heraus, das von Steyr her die Enus aufwärts führte. Unter diesem Halbstock, der sich an die seit alters.her in Garsten stehende Kirche angliederte, befand sich auch das Eingangsthor, zu welchem man über eine Zugbrücke gelangte, die den Uebergang über einen tiefen und breiten Graben ermöglichte, welcher den einzigen Schutz des Klosters gegen räuberische Ueberfälle bildete. Ein hoher, fest gemauerter Thorbogen bildete den Eingang, über welchem, grob aus Sandstein gehauen, das Bild der heiligen Maria, der Schntzpatronin des Klosters, angebracht war. Oberhalb dieses Steinbildes befand sich an der Mauer ein von Mörtelzierrathen uiürahmteS Feld, wie es an alten Häusern auch heute noch zur Aufnahme eines Bildes oder Wappens angebracht sich findet, und das jetzt, als Ritter Ellanperht sich deur Thorwege des Klosters näherte, mit grauein Linnen verhüllt war. Dies bemerkte der Ritter, der sich trotz seines Alters noch eines scharfen Gesichts erfreute, schon von weitem und auch, daß auf der herabgelassenen Zng- brücke mehrere Mönche standen und lebhaft sprachen, wobei sie auf das linnen- bedeckte Bild oberhalb der Warienstatue — denn ein Bild mußte es ivohl fein — wiesen und dann wieder, wie in Erwartung, in den Thorbogen hinein blickten. Der Ritter saß vor der Zugbrücke ab und übergab seinen starken Gaul einem Klosterkuechte, der vom nahen Wirthschaftshofe herbeigeeilt war, dann trat er zu ben Mönchen, die ihn herzlichst begrüßten. „Komm' wohl grad recht, um Garstens ') Im Jahre 1082.

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