Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

109 Das sollte für den Alten ein Ruheposten sein, allein der grimme Ellanperht, allzeit seines Lebens an Kampf und Arbeit gewohnt, gönnte sich auch jetzt keine Ruhe, freilich nicht zum Schaden seines Herrn, denn schon nach ein paar Jährlein war seine ordnende, feste Hand überall wahrnehmbar und die Erträgnisse der Jagd, der Fischerei, des Holzschlages und des Ackerbaues hatten sich verdoppelt. Deshalb sah ihm der Markgraf auch manche Schrulle nach und ging milde über des alten Ellanperht oft nicht ganz 311 rechtfertigende Eigenthümlichkeiten hinweg, zumal er den Alten genau kannte und wohl wußte, so rauh dessen Aeußeres war, so gnt und milde dachte der alte Ellanperht in seinem Innern. Und war dessen rasch aufwallender Zorn ivieder dahin, dann machte er doch wieder gut, was er allenfalls Kränkendes oder Schlimiues den Mannen, Unterthanen oder Leibeigenen seines Herrn und Gebieters angethan hatte. Noch harmloser war die Sache mit den „Schrullen" des Alten, und solche hatte er zur Genüge, wie eben jeder alte Kriegsmann, der nie ein eigenes Heim, nie eine Familie besessen hat. Wurde dann hie und da dem Markgrafen ein Stücklem hinterbracht, das sich Ritter Ellanperht geleistet hatte, dann pflegte der Fürst mit abwehrender Handbeivegung lächelnd zu sagen: „Laßt doch den alten Bärenhäuter gehaben wie er ivill! Meint er's doch nicht arg ; und dann, bedenket doch sein Alter, wir werden auch nicht allzumal so weise sein, ivie wir uns anjetzo ge- berden !" Und nachdem des alten Ellanperht's Schrullen auch Niemand Schaden brachten, wohl aber meist am Hofe des Markgrafen und in der Umgebung des Ritters selbst Heiterkeit erweckten, so ließ man ihn gewähren und nannte ihn einen sonderbaren Kauz. Besondere Vorliebe hatte Ritter Ellanperht für das Bauen und — für Btalerei. Sticht, daß er gar viel Verständniß dafür besessen hätte, nein, der | alte Recke hatte weder die für die damalige Zeit allerdings außerordentliche Kenntniß des Schreibens und Lesens, noch sonstige Fachbildung, aber seine weiten Reisen, die ihn im Dienste der Trannganer meist an Fürstenhöfe geführt, hatten ihm deutlich den Unterschieb zwischen verfeinerter Lebensart nnb altdeutscher, kräftig - rauher Lebeusauffassung gezeigt, und Italien, das er mit dem Schwert in der Faust gar oft durchzogen, dieses Land der schönen Künste, hatte auch den schlummernden Schönheitssinn dieses Halbbarbaren geweckt — allerdings nur den Sinn für Schönes, der, bei dem Mangel jeder Anleitung und Bildung, gar bald in's Ungeheuerliche, Verzerrte ausarten mußte, lind so war es auch bei dem alten Ellanperht, der weich und lenksam wurde ivie ein gutes Kind, stand er in den Schlössern italienischer Großen vor den Bilderschätzen, welche da seit Jahrhunderten angesammelt worden waren, und sein sehnlichster Wunsch war dann immer, sich selber im Besitze solcher Schätze zu sehen. Als er nun Vogt am Dachsberg droben ivurde, kamen ihm die Bauart der Burg zu wenig gewaltig und die Wände der Gemächer zu kahl vor und er begann zu „verschönern" — nach seiner Weise natürlich. Da wurde eine Mauerkrone hinzugefügt und dort ein Thürmchen, hier eine holzgeschnitzte Thür eingefügt und da und dort ein Bild angebracht — ob das gerade dahin paßte, oder von künstlerischem Werth war, das war Nebensache, und ost sagte ihm der Markgraf, bewunderte er eine neue „Verschönerung", die sein Vogt au seinem Hause angebracht, lachend: „Traun, mein lieber Ellanperht, ich bewundere Euern Sinn für Schönheit nnd die Unermüdlichkeit, mit der Ihr mein Eigenthum vervollkvmmt — aber was ich nicht genug hoch zu schätzen vermag, das ist Eure Kunst, durch die Ihr es zuwege bringt, daß mich das alles so gar nichts kostet!" Der alte Recke verstand nicht den leisen, gutmüthigen Spott, der in den

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