Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

Eine Schrulle. Zeitbild aus Stadt Steyr's Vorzeit von Heinrich Kematmüller. Nachdruck verböten. r zweiten Hälfte des eilften rhunderts stand auf der sten Stelle am heutigen hsberge ein burgähnliches Gebäude, zu dem von Steyr sowohl von der jetzigen Vorstadt Aichet, als auch vom heutigen Wieserfelde aus, Wege hinauf- führten. Diese Vorstädte bestanden im Jahre 1085 allerdings noch nicht, doch waren die Siedlungen bis zum heutigen Stadlmayrgute nicht selten, die meist hörigen Leuten des Markgrafen Ottokar V ') von Steyr gehörten, welche sich hier mit Holzschlag, Jagd und etwas Ackerbau beschäftigten. Das Gebäude am Dachsberge mochte ursprünglich ein Wartthurm gewesen sein, der für das Schloß in Stadt Steyr, wegen seiner Aussicht in das Thal der Steyr hinein von großer Wichtigkeit war, und aus dieser Ursache wurde er nach und nach durch Zubauten vergrößert und mit Wall und Graben befestigt, so, daß er endlich eine Schutzburg für das junge Steyr wurde, das damals schon eine Stadt war.2) Dem Markgrafen Ottokar V, der wie alle seine Vorfahren ein großer Jäger vor dem Herrn war, dienten die Baulichkeiten am Dachsberg wohl auch als Jagdschlößlein, von dem aus er durch die dort sehr wildreiche Gegend pürschte und hie und da darin übernachtete, wollte er früh des andern Tages, bei Fortsetzung der Jagd, den in jener Zeit recht beschwerlichen Weg und Aufstieg vom Schlosse herauf vermeiden. Eigentlich war das Gebäude am Dachsberg jetzt eine Vogtei, d. h. der Sitz des markgräflichen Vogtes über die Gegend bis weit hinauf die Steyr und auch gegen Dietach hinab, der hier zugleich Forst- und Jagdmeister und nebstbei Wirthschaftsverwalter des Landesherr» war — in jener Zeit war der Fürstensitz der traungauischen Ottokare in Stadt Steyr ein noch recht bescheidener, meist nur mit der Landesvertheidigung im Zusammenhänge stehend, demnach die Hofleute auch weit besser mit der Führung von Schwert und Speer, als mit höfischer Sitte und Thun vertraut waren. Vogt am Dachsberg droben war nun schon seit einigen Jahren der Ritter Ellanperht, ein alter, aber noch sehr strammer und ob seiner Rechtschaffenheit und Biederkeit allseits geachteter Herr, dem es nicht an seiner Wiege vorgesungen worden war, daß er einst zu so hoher, einflußreicher Stellung gelangen werde. Er war als Sohn eines Leibeigenen Ottokar t V Grasen im Traungau 3) geboren worden, kam, noch sehr jung, als Troßbube in die engere Gefolgschaft seines Herrn und brächte es durch seinen Muth und seine Verläßlichkeit bald zum Knappen. Im Jahre 1030 schenkte ihm Ottokar IV. die Freiheit und schlug ihn in der Ennsburg zum Ritter, da er sich im Kampfe gegen die Ungarn vielfach hervorgethan hatte. Und so diente Ritter Ellanperht dem Grafen Ottokar IV. und dessen Nachfolger Ottokar V. treu und tapfer, bis ihn der Letztere, als Belohnung für seine treue Dienste, zum Vogt auf den: Dachsberge machte. y Ottvkar V. Graf im Traungau, war der erste, welcher den Titel Markgraf führte. Er regierte 1038—1088. , 2) Als Stadt wird Steyr das erstemal nachweisbar im Jahre 1082 bezeichnet. 2) Regierte vom Jahre 991 oder 993 bis 1038.

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