102 Nach geschehener Einsegnung in der Kirche erfolgte die Uebertragung in die £ ©ruft: die Träger heben den Sarg, ihm folgt der Monarch mit den nächsten Verwandten; die Fürsten verneigen sich tief, da die Kaiserin und der Kaiser vorüber, ziehen; ste grüßen die Majestät des Todes und die Majestät der Erde. In dem ^Zorrnume der Gruft, woselbst die Kaiserin Provisorisch beigesetzt wurde, erfolgt die Einsegnung; und nach der kirchlichen Ceremonie erhebt sich der Kaiser bou dem Betschemel, anf deur er still vor sich hinweinend gekniet, er geht zum Sarge läßt das Haupt auf^den Deckel sinken, dann richtet sich der Monarch wieder auf' küsst nochmals den Sarg und verläßt das Grabgewölbe. So hat der Monarch von der crmordetcil Genossin seines Lebens zum letzten Male Abschied genommen; oben abcr in den Räumen der Kirche, auf dem weiten Platze vor derselben iveilt in bangem' tiefem Schweigen die Menge, die gekommen ist, ihrer Herrscherin das letzte Traner- geleite zu geben Dann aber leeren sich allmälig Kirche, Platz und Straßen und still wird s um die todte Kaiserin. Unvergänglich aber wird ihr Gedächtniß leben im Erinnern ihrer Völker die E°ut un Glänze ihrer Jugend und Schönheit, die aber auch Zeugen waren ihres stillen erhabenen Martyriums der Trauer! ^Henn^ wurde geboren zu Possenhofen (Bayern) am 24. December als TvHter des Herzogs Max in Bayern; sie vermählte sich zu Wien am 24. April 1864 mit Kaiser Franz Josef I., wiirde am 8. Juni 1867 zu Ofen als Königin von Ungarn gekrönt. Die Kaiserin stand somit im 61. Lebensjahre und war 44 ^ahre mit Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich vermählt ' Beweint Oesterreich-Ungarn seine edle Herrscherin, so steht Deutschland trauernd am Grabe eines Mannes, dem es die Einigung des deutschen Volkes, die Wiederherstellnng des deutschen Kaiserreiches und dessen Emporblühen zur führenden Macht am cnro- paischen Contmente, zu unvergleichlicheni wirthschastlichen Wohlstände verdankt: am Grabe Otto Ed. Leopold's zu Bismarck-Schönhausen, des ersten Kanzlers des neugegründeten Deutschen Reiches. Wohl hatte Fürst Bismarck lange schon die Ziigel der Regierung niedergelegt und sich auf sein Tusculum in Friedrichsruh znrückgezogen, aber das deutsche Volk hörte noch immer aufmerksam und willig auf die Stimme des Alten vom Sachsen- die Stimme des eisernen Kanzlers; sah es doch in ihm den eigentUchen Gründer des neuen Deutschen Reiches, dessen Rath auch, da er sich von den Regierungsgefchäften bereits zurückgezogen, noch gehört werden sollte. Schwere Trauer erfüllte daher die deutschen Herzen, als am Morgen des 31. Juli 1898 die Knndc sich verbreitete, daß Fürst Bismarck am Tage vorher — am 30. Juli _ um 11 Uhr Nachts verschieden sei. Schwarzumrandete Extrablätter verbreiteten in der Hauptstadt des Reiches die traurige Kunde, sie meldeten, daß der Fürst unter den Handen Dchwemnger's Punkt 11 Uhr fairst entschlafen sei ersten Ansätze zn dem Leiden, welches schließlich die Gestalt des eisernen Kanzlers fallen, seine Riesennatur bezwingen sollte, zeigten sich im Jahre 1866 AN dresem ^ahre zogen ihm die Strapazen des Feldzuges ein Venenleiden zu; im Frühjahre 1868 entkräftete ihn eine langandanernde nervöse Schlaflosigkeit. Als er lich von derselben in Varzin erholen wollte, gerieth er anr 21. August 1868 durch »nm Sturz mit dem Pferde in Lebensgefahr; das Thier trat mit einem Fuße in em Maulwurfsloch, strauchelte, überschlug sich und begrub den Reiter unter seiner 7??' ^pril 1870 stellte sich zugleich mit einem schweren Rückfall in das Venenleiden die Gelbfucht ein, die dann im Mai 1883 doppelt hartnäckig mit einem acuten
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