101 ■J in Genf ein. Am 14. September, halb 9 Uhr Morgens, wurde der Sarg durch einen sechsspännigen Leichenwagen aus dem „Hotel Beaurivage" auf deu Bahnhof überführt. Unmittelbar hinter deui Sarge folgte der Hofstaat der Kaiserin, dann der österreichische Gesandte Graf Kuefstein und das Personale der Gesandtschaft, der österreichische Consul, hierauf die Schweizer Behörden (Bundesrath und Staatsrath ic.) und fremde Consule. Zwei Krauzwagen trugen die der todten Kaiserin geweihten Kränze. Am Bahnhöfe angekommen, wurde der Sarg sofort in den Eiseubahnleichenwagen gebracht und um 9 Uhr verliest der Separatzug den Genfer Bahnhof. Es war ein ergreifender Moment, als der Sarg der Kaiserin, der inmitten des Trauerwagens auf einem Sockel freistand, langsam an den deu Perron füllenden Trauergästen vorüberzog. Auf der ganzen weiten Fahrt war die Leiche der Kaiserin Elisabeth Gegenstand der Ehrenbezeugungen seitens der localen Behörden und der Bevölkerung, wo selbe auf den betreffenden Bahnhöfen zugelasseu worden war. Am 15. September, um 3 Uhr Früh, hatte der Leicheuzug Tiroler Boden betreten, am selben Tage, um 10 Uhr Abends, langte er am Wcstbahuhofe in Wien ein. Die Straßen, durch welche sich nun der Leicheucouduct nach der Hofburg bewegen sollte, die Mariahilferstraste, die Babenbergerstraße, der Burgring, waren hinter dem militärischen Spalier von einer dichten Menschenmenge erfüllt, von den Häusern wehten Hunderte von schwarzen Fahnen, die Lampen der Gewölbe waren mit schwarzem Flor umhüllt, und die von Gläsern und Hähnen befreiten Straßenlaternen glichen einer Doppelreihe von Koloß al- sackelu. Die Schauer des Todes lagen auf dem Wege, als der Leichenwagen, der die todte Kaiserin trug, durch das Spalier der Lebenden seine Fahrt in die Burg der Habsburger antrat. Der Sarg war nach allen Richtungen frei sichtbar — ein schwarzes Bahrtuch breitete sich über ihn — die kaiserlichen Garden gaben ihm das Geleite. Um 11 Uhr war der Zug in der Hofburg angelangt, woselbst er dann m der schwarzdrapirten Hofburgpfarrkirche aufgebahrt wurde. Samstag den 17. September 1898, 4 Uhr Nachmittags, sollte die ermordete Fürstin ihren letzten Weg in jene stille Gruft antreteu, in welcher unter dem «chutze der Kapuzinerpatres bereits 126 Mitglieder des Hauses Habsburg und HabsburgLothringen zur ewigen Ruhe versammelt sind. In den Straßen, durch welche der Trauerzug passiren sollte, bildeten Militär und Sicherheitswache Spalier, die L-trayen- laternen, mit schwarzem Flor verhüllt, bräunten, die Gewölbe waren gesperrt von deu Häusern flatterten schwarze Fahnen, und hinter den Rechen des Militar- Spaliers drängte sich eine vieltausendköpfige Menge, aui Neuen Markte hatten sich die verschiedenen Trauerdeputationen und dienstfreien Oberofficiere eingesunden den weiten Raum bis auf das letzte Plätzchen füllend; ober all dem aber blaute ein klarer, milder Herbsthimmel. ~ . Als das Geläute der Glocken den Harrenden anzeigte, daß der Trauerzug me kaiserliche Hofburg verlasfen, ward es still in den volkersüllteu Straßen und m stummer Trauer liest mau den Sarg vorüberzieheu, der den Leichnam der geliebten Kaiserin barg; viele Frauenaugen und auch manches Männerauge füllten sich mit Thränen als der Sarg gehoben und unter ben gedämpften Trompetenfignalen der kaiserlichen Garden und dem dumpfen Wirbeln der Trommeln in die Kapuzinerkirche getragen wurde, woselbst der Kaiser des Conductes harrte. Ihm zur Seite standen der deutsche Kaiser, die Könige von Sachseii, Serbien und Rumänien, der Kronprinz von Italien, Großfürst Alexis von Rußland, der Prinzregent von Bayern der Kronprinz von Griechenland, die Herzoge Carl Theodor, Siegfried und Christoph ur Bayern Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha, Nikolaus von Württemberg, die Erb- großherzoge von Baden, Sachsen-Weimar und von Oldenburg, Fürst Ferdinand von Bulgarien, Prinz Albert von Belgien, der Erbprinz von Hohenzollern die ^pecial- abgesandteu der Königin von England und des Präsidenten der französischen Republik.
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