90 Bündniß bezeichnet wurde, bildete der vom 8. bis 1t. August 1897 dauernde Besuch des Deutschen Kaiserpaares in Rußland und die aus diesem Anlässe erfolgte Ernennung des deutschen Kaisers zum Admiral der russischen Flotte. Gleich Deutschland und England bat auch Rußland sich bemüht, in Ostasien, speciell in China eine feste Position zu gewinnen. Dieses Ziel wurde vorerst durch die Mitte Deceniber 1897 erfolgte Besetzung Port Arthurs im Gelben Meere durch eine russische Flotte erreicht. Am 18., resp. 27. März 1898 kam dann zwischen China und Rußland ein Vertrag zu Stande, laut welchem China an Rußland auf die Dauer von 23 Jahren Port Arthur als befestigten Marinestützpunkt, ferner Talicnwan als offenen Hafen und zugleich als Endstation für die transmandschurische Eisenbahn für die gleiche Zeit verpachtet und Rußland das Recht einräumt, eine Eisenbahn von Petuna nach Talienwan und Port Arthur zu erbauen. , Drei wichtige verkehrspolitische Ercignlste kennzeichnen die Berichtsperiode für Rußland: Zunächst hatte der Russe Nossilew, indem er nach Durchfahrt des Karischen Meeres über den Ob und Jrtysch tief im Süden von Westsibirien anlangte, einen neuen Wasserweg ins Innere jener unermeßlichen Landesstrecken gefunden, deren Concurrenz die Landwirthe Osteuropas zu befürchten beginnen. Am 6. September 1897 traf dann Admiral Makarow auf dem Dampfer „Ivan Kronstadtsky" in Jenisseisk ein, nachdem er Ende Juli von Vardö (Norwegen) in See gegangen, durch die Jngorsche Straße und das Karische Meer nach der Mündung des Jenissei gefahren war, hier bei der ersten Ansied- lung Galtschich angelegt und dann seinenWeg den Jenissei entlang hinauf nach Jenisseisk genommen hatte. Hiermit war Makarow noch tiefer ins Innere Sibiriens gelangt, als Nossilew. Am 7. April 1898 endlich ist der am I. April von Moskau abgegangene erste Sonderschncllzug der neuen sibirischen Bahn in Tomsk (Sibirien) eingetroffen. Die Fortsetzung dieser Bahn wird durch die Mandschurei an den Lao-tang-Golf und nach Port Arthur führen und damit Rußland den Weg zur wirthschastlichen Einverleibung der Mandschurei eröffnen. Ende Juli 1897 kamen infolge einer Ueberschwemmung der Gegend von Kertsch (Krim) 130 Personen um. — Bei einer durch den Ruf „Feuer" in der Dorfkirche zu Khmelew entstandenen Panik sind im October 1897 30 Personen getödtet, neun schwer und 180 leicht verletzt worden. — Während eines Schneesturmes, welcher am 13. bis >7. April 1898 im russischkaukasischen Kubandistrict wüthete, sind 33 Personen ums Leben gekommen und 9410 Pferde, 29.923 Stück Hornvieh, sowie 114.018 Stück Kleinvieh zu Grunde gegangen. — Ein furchtbarer Orkan, welcher am 7. Juni in ganz Rußland wüthete, richtete besonders im Gouvernement Minsk große Verheerungen an. In Nerwisch riß er mehrere Häuser nieder, wobei neun Personen getödtet und viele verwundet wurden. Scandinavie». Im Monate September 1897 feierte Schweden und Norwegen das 23jährige Regierungsjubiläum des Königs Oskar II. Die dicsfalls in Stockholm veranstalteten Feierlichkeiten, an welchen zahlreiche fremde Fürstlichkeiten — für Oesterreich - Ungarn Erzherzog tz. Eugen — theilnahmen, nahmen am 17. September ihren Anfang und danerten sieben Tage. Schweden widmete dem Könige als Ehrengabe des Landes 2,220.000 Kronen. Am 27. August 1897 fand in der Schloßkirche zu Kopenhagen die Bermälung der Tochter des Kronprinzen von Dänemark, der Prinzessin Jngeborg, mit dem Prinzen Karl, dem Sohne des Königs von Schweden, statt. Obcrringenieur Andräe, welcher in der früheren Berichtsperiode den beabsichtigten Versuch, von Spitzbergen aus mittelst Luftballons ' den Nordpol zu erreichen, wegen ungünstiger Witterung nicht ins Werk setzen konnte, ist am Sonntag den 11. Juli 1897, Nachmittags V-3 Uhr, unter günstigen Bedingungen mit seinem Ballon „Adler" von Spitzbergen aufgestiegen; Andröe ist ein hochbegabter, wissenschaftlich trefflich ausgebildeter Forscher; seine zahlreichen Luftfahrten brachten stets rn verschiedenen Gebieten der atmosphärischen Physik reiche und wichtige Ausbeute an ausgezeichnetem wissenschaftlichen Materials. Seit dem Tage der AuffahrtA n d r ö e's ist keine Nachricht von ihm nach Europa gelangt, und bis nun ist das Schicksal Andröe's in undurchdringliches Dunkel gehüllt. Kein Sterblicher weiß, ob der kühne Nordpolfahrer und Aöronaut noch unter den Lebenden weilt, oder ein Opfer seiner Tollkühnheit geworden ist. Spanien. Schwere Tage sind über das von einer österreichischen Fürstin regierte Land gekommen. Die trotz aller Partialsiege der spanischen Truppen nie vollständig nicdcrgeworfenen Aufstande auf Cuba und den Philippinen hatten das Gelüste der Vereinigten Staaten Nordamerikas nach der „Perle der Antillen" erregt; durch materielle und moralische Unterstützung wurde der Aufstand auf Cuba genährt, ja der Senat der Vereinigten Staaten war so weit gegangen, die Aufständischen auf Cuba als krieg- sührendeMachtanzuerkeunen. Spanien ermangelte nicht, gegen diese kühne und unbegründete Einmischung in seine internen Verhältnisse Verwahrung cinzulegcn, aber der diplomatische Feldzug war einmal eröffnet und sollte nicht mehr zur Ruhe kommen. Im Hafen von Ha-
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