78 mit der Wiederaufnahme der Vorlesungen an den deutschen Universitäten Oesterreichs statt. Am 20. April brächte die Regierung die zwischen dem Ministerium Badeni und der ungarischen Regierung vereinbarten, vom Ministerium Thun unverändert übernommenen Ausgleichsvorlagen ein. Am 26. April 1888 gelangten im Parlamente die von der Opposition eingebrachten Anklageanträge gegen den Grafen Badeni wegen der Novemberereignisse im Parlamente zur Abstimmung. Mit 178 gegen 167 Stimmen beschloß das Haus im Sinne des Antrages Dr. Groß * Serner die in Verhandlung stehenden Ministeranklagen einem 36gliedrigen Ausschnssc zuzuweisen. Am 27. April gab Ministerpräsident! Thun eine Erklärung über die Sprachcnfrage ab, worin er betonte, daß er an der gesetzlichen Regelung der Sprachenfrage festhalte; daß er die geplante Einsetznng eines Spracheuausschusses begrüße und die ernsteste Mitarbeit der Regierung bei dessen Verhandlungen Zusage; daß die Sprachen- verordnungen vom 3. April 1897 (Badeni) aufgehoben wurden, weil sie den thatsächlichen Verhältnissen des Landes nicht entsprachen und daß auch die dermalen diesfalls bestehendcu Verordnungen (Gautsch) aufgehoben werden können, sobald bessere Gesetze geschaffen sind. Die Regierung hatte unterdessen die Verhandlungen mit den beiden zunächst in Frage stehenden Interessenten wegen Regelung der Sprachenfrage und Herstellung des inneren Friedens wieder eingeleitet, als ein Ereigniß eintrat, welches die Situation neuerdings verschärfte. In Graz war es Mitte Mai aus Anlaß des ersten öffentlichen Concertes der Capelledes dort garnisonirenden bosnischen Regimentes — welches bei den Grazer Bürgern wegen seines Vorgehens bei den Badeni-Demonstrationen unbeliebt geworden— zu neuen Krawallen gekommen; ferner hatte das Ehrengericht mehrere Reserve-Officiere, welche an dem Leichenbegängnisse, des in Graz aus Anlaß der Badeni-Demonstrationen erschossenen Arbeiters R i t t n e r theilgenomnien, degradirt; endlich hatte die Regierung den gewesenen Justizminister im Ministerium Badeni, Grafen Johann G l e i s P a ch, zum OberlandesgerichtsPräsidenten in Graz ernannt. Diese drei Ereignisse hatte der Grazer Gemeinderath zum Anlässe einer eingehenden Berathung gemacht, welche in einer Kundgebung gegen die Ernennung des Grafen Gleispach, in der Erklärung, daß durch die erwähnte Degradirnng der Reserve-Officiere die staatsbürgerlichen Rechte beeinträchtigt wurden und in dem Ersuchen an den Bürgermeister ausklang, dahin zu wirken, daß die öffentlichen Productionen der Musik- capelle des bosnischen Infanterie-Regimentes bis auf Weiteres unterbleiben, damit nicht neuerlich Anlaß zu Ausschreitungen gegeben werde. Diese von der Statthalterei zunächst inhibirten Beschlüsse führten am 28. Mai zur Auflösung des Grazer Gemeinderathes. Diese Auflösung war der Gegenstand einer Reihe von Dringlichkeitsanträgen und Interpellationen, welche der ersten Sitzung des Abgeordnetenhauses nach den Pfingstferien ihre Signatur gaben; die Stimmung war auf deutscher Seite wieder eine schärfere geworden, die Obstruction sollte wieder in ihre Rechte treten. Die Regierung sah sich veranlaßt, beim Kaiser die Vertagung des Reichsrathes vorzu- schlagen, welche denn nnch mit kaiserlicher Entschließung vom 12. Juni 1898 erfolgte. Mit kais. Verordnung vom 23. Juni wurde dann ein Budgetprovisorium bis 31. December 1898 erlassen. Die Signatur des letzten Zeitabschnittes unserer Berichtsperiode gaben einerseits die auf die Brotkrawalle in Lemberg am 10. bis 12. Mai — eine Folge der Brottheuerung — gefolgten antisemitischen Excesse in einzelnen Bezirken Galiziens, welche zu Plünderungen und schweren Mißhandlungen von Jsraeliten führten und das Einschreiten der bewaffneten Macht zur Folge hatten, wobei es mehrere Todte und vielfache Verwundungen gab, ferner die aus Anlaß der Anwesenheit des Präger Bürgermeisters Doctor Podlipny bei der Brünner Palacky-Feier stattgefundenen deutsch-czechischen Zusammenstöße in Brünn, anderseits die Stockung in der vom mährischen Landtage eingeleiteten Ausgleichsaction zwischen den Nationen in Mähren, sowie die am 23. Mai 1898 erfolgte Mandatsnieder- legung des Oberstlandmarschall-Stellvertreters von Böhmen, Julius Lippert, eines Führers der Deutschen in Böhmen, und der Rückzug desselben aus dem öffentlichen Leben. — Die antisemitischen Excesse in Galizien nahmen schließlich einen so gefährlichen Charakter an, daß das Ministerium am 28. Juni die Verhängung des Standrechtes für die politischen Bezirke Lima- nowa und Neu-Sandec bezüglich der Verbrechen des Mordes, des Raubes, der Brandlegung und der öffentlichen Gewaltthätigkeit (§ 85 St.-Ges.) verfügte. Außerdem wurden für 33 politische Bezirke in Galizien Ausnahmsverfügungen getroffen. Am 20. September 1897 feierte Admiral Maximilian Freih. Daublebsky v. Sterneck zu Ehrenstein sein SOjähriges Dienstjubiläum Im Jahre 1829 zu Klagenfurt als Sohn eines Appellationsgerichtspräsidenten geboren, war Sterneck am 20. September 1847 als Marine- Cadet in die Marine eingetreten. Am 23. October 1848 wurde er zum Fregatten- und am 20. September 1849 zum Schiffsfähnrich befördert. Am I. April 1832 wurde er zum Fregatten-, am 1. April 1833 zum Schiffslientenant, am 24. November 1839 zum Corvettencapitän und am 27. April 1860 zum Fregattencapitän ernannt. Am 4. Mai 1866 zum Linienschiffscapitän befördert, wurde Sterneck zum Commandanten der
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