72 des Publicums vorkamen. Am selben Tage fand in Klagenfnrt der Parteitag der Deutschen Volkspartei statt, welchem die der deutschen Bolks- partei angehörigen Abgeordneten aus Ober- und Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Körnten beiwohnten, und welcher von mehr als 70a Personen besucht war. Am 12. Juli fand in Wien eine verstärkte Obmännerconferenz der verfassungstreuen Großgrundbesitzer statt, als deren Ergebniß eine Kundgebung erlassen wurde, welche energisch gegen „die offenen, ungescheuten, den bestehenden Rechtszustand frivol verleugnenden Angriffe auf die Verfassung und ihre gesetzliche Geltung" Stellung nimmt und darauf hiuweist, daß die Sprachenverordnnngen und die Art ihres Zustandekommens die Wirkung gehabt haben, den einen Theil in einen varlameutarischen WiderKckSzcuamcister Schönfcld. stand zu treiben, der die Staatsmaschine in ihrem Ganzen bedroht, aber weit entfernt waren, den anderen Theil zu befriedigen, sondern vielmehr Begehrlichkeiten geweckt haben, die alles bisher Verlangte weit übersteigcn. Ebenfalls im Monate Juli 1897 erließen 816 öffentliche Professoren der deutschen Universitäten eine Kundgebung, welche sich in Ausdrücken der wärmsten Sympathie mit dem Kampfe der Deutschen Oesterreichs um ihre Existenz und Sprache befaßt. Mitte August 1897 ergingen Seitens des Grafen Badeni Einladungen zu einer ani 26. August im Palais des Ministerpräsidiums in Wien stattzufindenden Conferenz, bei welcher nachstehende Entwürfe zur Besprechung gelangen sollten: 1. Ein Landesgesetz, betreffend den Gebrauch der beiden Landessprachen bei den autonomen Behörden und Organen. 2. Eine dein obigen Landesgesetze angcpaßte, die Sprachen- verordnungen vom 8. April d. I. abäudernde Ministerialverordnung, welche gleichzeitig mit diesem Landesgesetze in Wirksamkeit zu treten hätte. 3. Je eine Gesetzcsuovelle zur Laudes- ordnung und zur Laudtagswahlordnung. 4. Ein Landesgesetz, betreffend die Bildung von Curie» im Landtage des Königreiches Böhmen. 8. Ein Landesgesetz, betreffend die Errichtung sogenannter nationaler Minoritätsschulcn. 6. Ein Reichsgesetz, betreffend die Organisation von Kreisämtern in Böhmen, welche einerseits als politische Behörde erster Instanz, anderseits als Mittelinstanz zwischen den Bezirkshauptmannschaften und den höheren administrativen Instanzen fungiren sollen. Die Einladungsschreiben ergingen an den Oberstlandmarschall Fürsten Georg Lobkowitz als Vorsitzenden des böhmischen Landtages, ferner an die Führer der in demselben Landtage vertretenen Parteien: Karl Graf Buquoy-Lougueval, Dr. Josef Herold und Dr. Ludwig Schlesinger, endlich au den Grafen Oswald Thun-Salm-Reisferscheidt, als Führer des verfassungstreuen Großgrundbesitzes in Böhmen. Die Bestimmung der Vertrauensmänner, welche der Conferenz beizu- ziehen wären, hatte der Ministerpräsident den Parteiführern anheimgestellt. Die am 23. August 1897 in Prag abgehaltene Versammlung der Vertrauensmänner der deutschen Parteien Böhmens, respective der deutschböhmischen Abgeordneten beschloß jedoch, sich — solange die Sprachenverordnungen aufrechtbestehen — in keinerlei Verhandlungen mit der Regierung cinzulassen und sprach sich mit aller Entschiedenheit gegen die Beschickung der oberwähnten Conferenz aus; ebenso erklärten die Vertreter der verfassungstreuen Grundbesitzer, daß sie, falls besagte Conferenz auch ohne Vertreter des deutschen Volkes abgehalten werden sollte, an den weiteren Verhandlungen nicht thcilnehmen könnten. Beide Entfcheidungcn wurden durch den Grafen Oswald Thuu-Salm- Reifferscheidt, respective durch Dr. Schlesinger dem Ministerpräsidenten mitgetheilt; dem diessälligen Schreiben Dr. Schlesinger's war eine die Forderungen der Deutschen Böhmens hinsichtlich der Sprachenverordnungen enthaltende Resolution angeschlosscn. Mit kaiserlichem Patente vom 9. September 1897 wurde der Reichsrath auf den 23. September 1897 einberufen, und damit eine Session eingeleitet, welche zu den bewegtesten und ver- hängnißvollsten seit dem Bestände der herrschenden Verfassung gehören sollte. In Folge einer ini Parlament gefallenen Aeußerung des Abgeordneten Wolf, hatte Ministerpräsident Graf Badeni diesem Abgeordneten eine Forderung zukommcn lassen; das Duell fand am 28. September 1897 in Wien auf Pistolen statt. Auf Commando feuerten beide Gegner gleichzeitig Schüsse ab; verabredet war
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