47 mir keine Antwort. Da kehrte ich um. Andern Tages aber fanden sie ihn zerschmettert in der Felsschlucht." Er schwieg, und lange schwieg ich auch. Die Gläser waren leer, in der Flasche noch ein Nest, aber Keiner dachte ans Trinken. „Ihr habt mich tief erschüttert, Mann," sagte ich endlich, „aber nun erzählt mir noch zu Ende, wie es gekommen; ich denke, Ihr habt's seitdem überwunden, und wie Ihr das Ende berichtet, werdet Ihr die schreckliche Erinnerung verwischen." Er sah mich an, und etwas wie ein schwacher Abglanz von einem Lächeln glitt über seinen Mund. Ich habe Keinen mehr so lächeln sehen. „Nun, wie ich hinunterkam," begann er wieder, „war da inzwischen auch nichts Gutes geschehen. Die Gendarmen, mit denen er so manchen Kümmel gezecht, hatten ihn gesucht. Wegen des Geldsäckels, Herr, das sollt' er drüben Einem abgenommen haben, und hatte der in wildem Ringkampfe sein Leben lassen müssen um das gelbe Zeug. Ich sagte nichts, daß sie ihn vielleicht sicher aufgehoben vor Gendarmen und Gerichten finden würden, wußte ja auch nichts Genaues, ob ihn nicht vielleicht ein guter Geist über Firnfelder und Abstürze geleitet hätte durch den Nebel. Als sie ihn dann fanden, war's halb in Trauer, halb in Freude, daß er doch der Strafe entgangen. Schande genug saß jetzt auf dem Jakobsbrunnen. Aber ich konnt' den Alten die meine doch nicht ersparen. Ging hin und gab mich selber ans Gericht und sagte, sie sollten mit mir verfahren nach Recht und Fug. Da nahmen sie mich ins Verhör, beriethen mit den Sachverständigen, schüttelten die Köpfe und schickten mich wieder nach Hause: kein Mensch sei Herr über den Nebel, darüber stehe nichts in den Gesetzbüchern, und sei er abgcstürzt, so habe ich ihn nicht erwürgt und sei der Schuld ledig. Gut. Ging ich hin und besprach mich mit dem Pfarrer. Das war ein braver Mann, red'te mir verständig zu, hieß mich beten und arbeiten und mich mit meinem Gott gut stellen und ab- solvirte mich ob meiner herzlichen Reue. Und alle Welt war freundlich mit mir und hielt mich als einen braven Kerl, schüttelten mir die Hand und sagten: das käme von meiner Narrheit mit dem Wetter, daß ich mir jetzt einbildete, ich sei Schuld, daß er abgestürzt, und wäre übrigens nicht mn ihn schade. Das war nun wahr, aber es war nicht meine Sache, ihm seine Schuld und Schaden abzumessen." „Und Ihr Schatz?" „Ja, der war nun wohl übel dran. Ich sragt' ihr nicht nach, ich hatte kein Gefühl mehr für sie, für nichts auf der Welt, als für das Eine. Denn — daß ich's sage, Herr — ich war sein Mörder." Ich schüttelte den Kopf. „Doch, ich war's. Weil ich's aber büßen wollte, so sucht' ich mir aus, was mir das Schlimmste schien; ein Bergwerk. Das war ein schlechtes Tagewerk, und wie ich's ein Jahr getrieben, hielt ich's nicht länger aus. Dennoch nicht um der Arbeit, sondern um der Menschen Willen. Das war jetzt so über mich gekommen: der Wunsch allein zu sein. Da ging ich wieder hinaus und dacht' hin und her, wie ich's halten könnte. Damals nun kamen die Herren ins Land von der Wettercommission, die trafen mich oben auf meiner Klippe, wo ich noch was vorgefunden hatte von meinen Basteleien, und kommen da ins Gespräch, sagen, daß sie eine Station errichten wollen zur Beobachtung von Wind und Wetter und daß ich mir den besten Platz schon ausgesucht hätte, examiniren mich dies und jenes, und fragt mich endlich Einer, ob ich den Posten annehmen möcht', denn gerade so Einen könnten sie gebrauchen, ein bissel anstellig und der sich nicht vor der Einsamkeit graute, bieten mir auch ein hübsches Stück Geld, und will mich Einer der Professors anlernen sür all die Künste. Nun, denk'
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