Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

43 ihren Seelen ausstrecke und hielte sie fest mit Boxerkniffen. Und hielt mich selber halb und sagte zu meiner andern Hälfte: Zauderst Du etwa nur und bist . mißtrauisch, weil Dir der Jakobsbrunnen * verloren geht und Dein Schatz dazu? Er aber redete und redete und räkelte sich dabei hierhin und dorthin und that » über die Maßen großartig und verächtlich gegen alles Heimische. Mit der Zeit erhob sich die Frau Pathe, meinte, es wäre an der Stunde zu gehen, und sagte Allen guten Abend, wegen der Heirat aber, da müßt' sich's nun eben finden; bis Alles in Ordnung gebracht mit dem Gütel, könnt' sie nichts Gewisses sagen. So weh mir's war, konnte ich ihr doch nicht Unrecht geben, denn zu einer Knechtssrau war die Resel , nicht angethan, das hätte ich ihr selber nicht zugemuthet, sie aber drückte mir heimlich fest die Hand, als verspräche sie ^mir, nicht von mir zu lassen in Trübsal Mund Noth, oder als traute sie dem Anton alles Herzensgute zu und würden wir die Wirthschaft schon behalten können und lustig darauf Hochzeit machen. Im Hinausgehen hätte ich ihr gern gesagt, daß ich sie ihres Wortes ledig spräche, dieweil ich von dem Amerikaner nichts wolle geschenkt haben, aber ich bracht's nicht heraus. Als es Abend geworden, wollte ihm die Mutter ein Bett zurecht machen bei dem meinen, ich aber wollt' das nicht, sondern räumt' dem Herrensohn die Stube und duckte mich in die Kammer. Ich that's aus Stolz und Abneigung, aber es kränkte mich doch, daß es so geschah ' und daß er's hinnahm ohne ein Wort zu verl cren. Andern Tages kam noch ein Pack Sachen für ihn vom Bahnhöfe. Nicht gar viel: ein paar feine Hemden und gnte Tüchel, eine graue Jagdjoppe und etliches Geräth wie Waffen und Angelzeug. Aber nicht daß für die Alten etwas darunter gewesen wäre, ein Mitgebrachtes, g'rad' einen Angelhaken schenkt' er dem Vater. Wäre nicht seine Art, sich mit viel Plunder zu beschleppen, und für gutes Geld kriege man überall, was man brauche. Nun gab er den großen Herrn. Nichts war gut, aber Alles schlecht und des Anspuckens werth: spuckte auch, wo's ihm paßte, denn seine Manieren waren nicht die besten, außer wo er seine Rolle geben wollte, aber dann mehr ins Wichtige, Große, als ins Zierliche. Lag zu Hanse auf dem Bett und gähnte oder trottete draußen umher von Wirthshaus zu Wirthshaus, schnitt auf und ließ sich anstaunen. Tanzen konnt' er, daß einem schwindlig wurde vom Zusehen, die Mädel aber kriegten's nicht satt. Doch fast noch besser verstand er zu trinken. Herr, mein Lebtag hab' ich Keinen so viel scharfes Zeug hiuuntergicßen sehen, und hatt' ihm nichts an. Im Orte war ein Gendarm, der war bekannt wegen seiner braven Kehle, aber er soff ihn unter den Tisch wie einen Schneidergesellen. Gern drückt' er sich bei den reichen Bauern herum, bei den Schulmeistern und Krämern, und fand immer sein Publicum. Die alte Geschichte, wegen der er fortgegangen, war verjährt, das Bergwerk eingegangen, da fragte kein Mensch mehr danach, das Militär hatte anch nichts mit ihm zu thun, und so machte er denn den Freiherrn. Wenn ich aber den Weizen 'reinbrachte, den Klee schnitt, den Pflug führte oder gar Dünger fuhr, nun so möcht' er mich wohl als seinen Knecht ansehen — von der Abtretung war weiter nicht die Rede gewesen — dann lächelte er etwa mit halbem Munde, steckte die Hände in die Hosentaschen nnd spuckte aus. Wie ich es gleich gewußt hatte — mit der Resel war s aus. Ach, Herr, was war sie für ein herziges Ding, blondhaarig, mit hellen Augen, schlank und adrett, und konnte so mnnter und schnackisch sein, so recht Eine von denen, die Einem das Herz im Leibe nmzudrehen vermögen. Glaube wohl auch, daß sie mir gut war, aber freilich lange nicht so wie ich ihr, lauge nicht so, daß sie zu dem seiner Aussichten Beraubten hätte

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