Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

40 abgemacht. Mein Diesel that verschämt und ich gar halb närrisch vor Freude. So saßen wir zusammen am Kaffeetisch um die großbauchige Kanne und den zwei Zoll hohen Landkuchen, hemdsärm- lich und seelenvergnügt da, licßen's uns wohl sein und redeten dies und jenes; und war ein grimmig heißer Tag. Von den Fenstern waren die weißen Vorhänge weggezogen, da sah man ins Gärtel mit seinen Malven und Levkojen, das sah lustig aus, uud dahinter den Dorfweg, auf dem die Sonne hell und goldig lag, und wieder dahinter die Wiese, auf der es blühte, weiß und gelb und dazwischen rothsprenklig von den wilden Steinnelken, die dort standen, und sah aus, als ob dort bunte Funken über den Plan verstreut wären, und Alles glitzert und glänzt und halte meines Mädels Hand in meiner, und war nichts als eitel Lust und Freude und Seligkeit auf der Welt. Da auf einmal, wie ich wieder durchs Fenster den Weg Hinaufschau' — Augen hatt' ich immer wie ein Falke — da — von drüben her den .rothen Berg' hinunter, wo die Sonne schattenlos auf dem Gestein lag — da —" „Da kam er." „Woher wissen Sie das?" „So was wissen wir Schreiber immer." „So? nun dann brauch' ich's nicht weiter zu erzählen." „Nicht doch, erzählen Sie nur. Ich weiß nur, daß er kommt uud daß es nun böse wird, aber weiter nichts." „Einebraune Sammtjoppe, Herr, und dito Hosen, in die hohen Stiefel gesteckt, rothes Seidentüchel um den Hals geschlungen, das zipfelte da im Winde herum, wie wenn Einer eine Fahne 'nausgefteckt zu Kaisers Geburtstag, so kam er daher; auf dem Kopfe ein Filzding, nun, das sah nicht allzu gut aus, uud über die Schultern gehängt eine Ledertasche am langen Riemen. Erkannt' ihn gleich, obschon er einen pechschwarzen Schnauzbart unter der Nase hatte und um ein Gutes breitschultriger geworden war. Sah schmuck aus und schneidig und doch zugleich greulich. Ein Abenteurer. Und uiacht' ein paar große Augen und ein Schnüffclgesicht, und — ja, da wußt' ich's auch wie Sie vorhin: der bringt nichts Gutes, und kroch mir kalt über den Rücken wie eine Schlange. Uud Sie müssen nicht glauben, daß es mir um den Jakobsbrunuen gewesen uud den Acker, bin mein Lebelang nicht habgierig gewesen — aber um das Mädel war mir's, und nun — was würde nun werden? Nun, die Resel faßt' mich am Arm, ganz erschrocken: was mir denn über die Leber spränge? Und die Andern sahen mich auch an, aber ich sag' nichts. Ich weiß nicht, ich konnt's nicht sagen, dachte wohl, sie erfahren's zeitig genug. Nicht lang' darauf thut sich die Thür auf, uud herein kommt er, gerade als wäre nichts daran und darum, wär' vor 'uer Stunde weggegaugen und käm' nun halt zurück. Schmeißt das silberne Ding hin und spricht: „Da bin ich, guten Tag mitsammen." „Der Anton! der Anton!" Die Mutter steht auf und setzt sich wieder, so fährt ihr der Schreck in die Glieder, der Alte — juh, der fängt an zu heulen, der Schulmeister sucht seine Mütze, hat sich auch bald darnach gedrückt, die zwei Frauensleute stehen da mit großen Augen und offenem Munde, und ich fasst meines Mädels Hand noch fester, gerade als wollt' sie mir Einer wegnehmen. Er aber steht da, die Fäuste iu die Hüften gestemmt, und lacht überlaut, und blitzen seine Augen uud hängt ihm ein Wisch schwarzer Haare in die Stirn, und sieht uns der Reihe nach an, lacht noch immer, und wüßte nicht, daß er Einem die Hand geboten hätte. Der Vater aber umhalst ihn und redet, was ihm eiufällt; und wärmt brühheiß Alles auf mit dem Grundstück und den Gerichten und wie es hätt'sollen morgen zum Abschluß kommen, und von der Resel und was da dran und drum hängt. Der Anton sieht mich an, dreht den Schnurbart und

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