Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1899

39 Blättern wurde er anfgcrufcn, und geschah auch nichts darauf. Da war der Vater überzeugt, daß er verunglückt sei, entweder auf dem Meere oder in einem Gefecht oder von wilden Männern erschlagen. Nun, wie gesagt, das nagte an ihm, denn er war nicht harten Gemüthes wie sein Sohn; aber da es kein Verlust war wie ein plötzlicher Tod, so fand er sich eben hinein und bewies sich immer freundlicher zu mir. Eine Zeit lang habe auch ich in jenem Goldbergwerk gearbeitet, wo es mir schlecht genug gefiel; als es dann eingiug, verdingte ich mich als Knecht und zahlte dem Alten regelmäßig etwas ab — nun ja, ich sagt' es schon, er war nicht böse, aber klein und geizig, wie Leute sind, die sich ihr Lebelang um den Pfennig haben plagen müssen, war ihm der Heißhunger des Heranwachsenden Menschen, der ihn nichts anging, lästig gefallen. So nahm er's denn gern und standen uns recht gut zusammen. Alles in Allem, es war — auch mit der Mutter — ein Verhältniß nicht besonders herzlich, oft rauh und zuwider, aber doch im Grunde nicht ohne freundliche Gesinnung, und das sich freundlicher gestaltete, je länger hin. Von meiner Mutter möcht' ich nun auch was sagen. Sie war eine brave und kluge Frau, fleißig, umsichtig und sparsam, aber riß gern das Heft an sich. Wie der Anton wegblieb und der Vater stiller und lenksamer geworden, war's ihr damit so ziemlich geglückt. Freilich —■ und ein undankbarer Lump wär' ich, wenn ich's verschwieg — ließ sie dabei nimmer aus den Augen und war wohl hauptsächlich darauf abgesehen, mir alle Vortheile zuzuwenden. Ihr ganzes Denken ging darauf, mir den 'Jakobsbrunnen zu sichern, besonders seit er durch einen Erbschaftsfall zu einem etwas stattlicheren Anwesen heraugewachsen war, so daß ich den Dienst verlassen mußte uud wir vollauf zu thun hatten, mit einer Magd die Wirthschaft zu betreiben. Mittlerweile waren es zehn Jahre geworden, daß der Anton außer Landes gegangen, eine Krankheit des Vaters gab Veranlassung, die Nachfolge festzusetzen uud in Ordnung zu bringen. Nochmals waren Briefe geschrieben, Spuren von dem Flüchtigen aber nicht aufgefunden worden. Die Sache hing beim nächsten Gericht, das den Anton gesetzmäßig als „verschollen" erklären sollte Schon waren wir zu mehreren Terminen in Audorf gewesen, und Alles galt für abgemacht. Es war eines Sonntags Nachmittags nach der Kirche. Am nächsten Tage sollten wir zum letzten Male wegen der Angelegenheit hinüber, Alles war heiter und zufrieden, der Vater von seiner Krankheit wieder genesen, wenn auch wohl ein bissel wehmüthig um den nun auch gerichtlich abgethanen Sohn, die Mutter beinahe gespaßig in ihrer Siegcs- frende, wozu nun wohl ein armes Weib alles Recht hatte, das sich aus einem Stande niedrigster Dienstbarkeit und selavischer Behandlung zu einem gewissen Ansehen und Einfluß durch eigene Tüchtigkeit aufgeschwnugen hat. Mit uns der Schulmeister, ein noch junger Mensch, der noch nicht gar lange im Dorfe war und mit dem ich mich schnell befreundet hatte, wie ich ihm denn manches Wissenswerthe verdankte und er mir gern behilflich gewesen bei den Horoskopen, Barometern und derlei Geschichten, die meine Liebhaberei geblieben waren; uud — zwei Frauensleute, über deren Besuch ich über die Maßen glücklich war. Hatte nämlich damals, wie sich's für meine Jahre schickte, einen Schatz, die blonde Resel aus Frühauf, in die ich gar mächtig vernarrt war, indes es ihre Mutter, meine Pathe, auf einen Brauerssohn mit ihr abgesehen hatte und sich nur auf die Heirat verstand, wenn es mit dem Testament in Richtigkeit käme. Die waren auch da, hatten sich den Jakobsbrunnen aller Orten beguckt, die Papiere dazu und Ja uud Amen gesagt. Nun, es war gerade kein feierlicher Verspruch gehalten worden, aber die Sache galt doch für

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