Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

21 Fußgängern, als sollten Wunder da geschehen. Und im Grund sollten sie ja auch! Ein Postillon schmetterte endlich ein gar lustiges Lied in das Thal hinein, und eine vierspännige Postkutsche rollte daher. Bis übers Dach hinauf trug sie Maschinen, und Dittmar sprang schon eine Strecke vor dem Hofe aus dem Wagen. Ein „Hurrah!" seiner Freunde begrüßte ihn. Die Bauern schwiegen. Die Bergleute, welche der reiche Gönner hatte kommen lassen, waren heute in voller Paradeuniform, sie zogen jetzt voraus und zum Stcinfelde. Der alte Zierthaler, auf einen Stock gestützt, ging inmitten einiger alter Bauern dahin. Er war sehr blaß, sehr blaß, die Vorgänge hatten ihn tief erschüttert. Auf dem Steinfelde stand eine mehrere Klafter hohe, ganz geschlossene Bretterhütte. Dittmar und die Bergleute gingen hinein. Sie blieben eine Viertelstunde, und Alles murmelte oder stand gespannt. Plötzlich stürzten die Bretter der Hütte krachend nach außen, die Bergleute und Dittmar standen auf einer klafter- hohen Bühne, und ein Schlauch, wie aus einer Feuerspritze, schleuderte einen Wasserstrahl hoch in die Luft! Wie er emporrauschte und in der Sonne blitzte, donnerte ein „Hurrah!" aus tausend Kehlen in die Luft. Vom Gebirge her krachten drei kräftige Pöller. Das hatten die Herren und der Durchlauchtige ganz prächtig angeordnet. Der Strahl rauschte und floß, und Alles klatschte in die Hände, und der Zierthaler mit seiner Schaar alter Leute schüttelten die Köpfe. Jetzt durfte schon Musik klingen, und die war auch da. Die gelehrten Herren hatten einen artesischen Bohrbrunnen machen lassen, und ihre wissenschaftlichen Erfahrungen hatten ihnen die günstigste Stelle im Felde angewiesen, welche auch das Wasser richtig nicht versagte. Ein ungeheures Grundstück gewann einen hohen Werth und konnte fortan für Mensch und Thier Nahrung geben. Die Musik spielte lustig. Aber die Alteu und der Zierthaler sagten: „Die Kohlen, die Kohlen!" Im feierlichen und heiteren Zuge, Musik und Bergleute voran, ging's nach dem Zierthalerhofe selbst. Da, hart am Gitter, war eine tiefe Grube gegraben. Die Bretter, die sie verdeckten, wurden weggehoben, Dittmar und die Bergleute stiegen hinab — das dauerte nur einige Minuten, die Köpfe kamen wieder zum Vorschein, und der Erste, der einen mächtigen, glänzend schwarzen Klumpen in den Händen trug und vor sich auf die Erde hinwarf, war Dittmar. Die Klumpen der Anderen rollten gleich nach und schimmerten im Sonnenscheine. War das jetzt ein Hurrah und Händeklatschen! Ja, die gelehrten Herren waren gar schlau! Dittmar hatte die Kohle nach den Erdarten dieser Gegend in derselben vermuthet. Er suchte in Grüben, Felsspalten und kroch oft in die gefährlichsten Schlünde. Tief unten, in einem höchst engen Felsspalt, grub er einmal in einer Erdlage, die ihm die rechte schien, stundenlang herum, und richtig entdeckte er Spuren. Hatte er nur einmal ein Stückchen, so konnte er als gelehrter Mann berechnen, wohin das Kohlenlager gehe, ob es sich hebe oder senke, und da rechnete er ganz gut aus, daß es beim Zierthalerhofe keine zehn Klafter tief liegen könne. Schon bei fünfen lagen die schwarzen Schütze da! Das Geheimniß hatte Dittmar Anfangs Allen verwahrt, weil er wirklich die Absicht hatte, vor den Bauern zu Gunsten der Wissenschaft einmal plötzlich Aufsehen zu machen, und weil er um diese Zeit Rosi zu lieben begann und für den Alten was Rechtes haben wollte. Auch von den beschäftigten Bergleuten ward das Geheimniß gut verwahrt bis zur rechten Stunde, und jetzt schien die Sonne darauf vor aller Welt!

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