Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

3 Euch weniger achte darum, aber ich möchte Euch gewinnen!" Der Bauer lächelte und schüttelte leise den Kaps. „Ihr habt also weder neuen Samen, noch neue Futterkräuter, noch Maschinen, frische Pflüge, Dresch-, Säe-, Häufel- maschi .." Der Zierthaler fühlte einen eigenen Kitzel in sich, und wenn ihn der Teufel erfaßt hätte, er mußte iu dem Momente lachen! Der Fürst verlor sein Wohlwollen nicht. . „Ich wette, Zierthaler," sagte er mit Laune und gehobener Stimme, „Ihr leset nicht einmal ein Landwirthschaftsblatt oder eine Bauernzeitung, oder..." „Bauernzeitung, Landw irthsch aft?" sagte der Zierthaler mit seiner festen und rauhen Kehle; denn das Berührte war sein Kernpunkt, an dem er zu fassen war, und er hatte ja versprochen, sich iu der Wahrheit gehen zu lasseu. Er fühlte jetzt festen Boden und sprach daher vollkommen fest, seiner bewußt und sicher: „Die Bauern sollen Mist machen und nicht lesen!" „Nicht lesen?" „Die Brille ist kein Zugochs und die Zeilen sind kein Acker! — Mit Erlaubniß, Gnaden! Eins oder das Andere. . entweder man besaßt sich mit Gekleckse und Geschreibsel, oder man ist ein Bauer! Ein Schulmeister versteht einen Pappendeckel von der Wirthschaft, und ein Bauer muß die Leserei den Pfarrern und anderen feinen Herren überlassen. Ich sag' immer: Eins oder das Andere, Zweierlei sein, das geht nicht!" „Ihr meint also, daß alle die Bücher über Landwirthschaft nichts taugen? Und was ist's denn gar mit den Landwirth- schafts-Schulen?" „Landwirthschafts-Schulen?" Und der Zierthaler schlug mit der Faust in den Tisch und lachte laut auf, daß er plötzlich husten mußte. „Das auch noch! Vielleicht säet der Schulmeister seinen Frack ein, daß Knöpfe 'rauswachsen!" „Zierthaler, Ihr seid ungerecht, Ihr geht zn weit, Ihr solltet Euch doch erst unterrichten..." „Unterrichten?" fuhr der Zierthaler anf, seht Gesicht wurde roth, seine Augen- brauen zuckten. Der Zierthaler hielt sich für den unterrichtetsten Bauer und war ein heftiger, starrköpfiger Mann. — „Gnaden, Herr Fürst, verzeihen! Ich habe Ihnen mein Wort gegeben, Wahrheit zn reden, und Sie selbst haben's gewollt. Der Zierthaler soll Ihnen die Wahrheit sagen, die Ihnen Andere, Lumpen, wahrscheinlich nicht geben. Ich habe gottlob nicht Noth, hinter dem Berge zu halten. Das Thalgut gehört mir, und ich bin schuldenfrei! Also Gnaden, Herr Fürst, lassen Sie sich von dem Lumpenvolk nicht unterrichten, und ich mag's auch nicht sein, von denen heißt das! Ich bin unterrichtet genug. Mein Vater hat von seinem Vater und Großvater gelernt, und ich wieder von meinem Vater und seinem, und so war's bei uns seit undenkbarer Zeit. Die Leute waren in dem Thal und Bauern. Der Pflug, der ihnen gnt gegangen ist, geht auch mir; der Samen, der ihnen aufgegangen ist, geht auch mir auf; was sie gesäet haben, säe ich, und wie sie gedroschen haben, dresche ich. Lassen Sie sich nichts einreden! Sie können Bücher kaufen und haben Zeit zu lesen und können glauben, was da drin steht, sei schön und gut; aber ich halte meine Sache mehr zusammen und habe nicht Zeit für die Faselhansereien; und wenn ich so was ansehe, weiß ich, es ist dummes Zeug, denu so hat's bisher kein Bauer der Welt gemacht!" — Und die grauen Augen des Zierthalers funkelten. „Erstens, mein lieber Zierthaler," erwiderte der Fürst gelassen auf die heftig hervorgerollte Rede, „habe ich Landwirthschaft gelernt und weiß was davon, ja sogar viel und aus Büchern." Der Bauer rührte sich uicht, nur in seinen Lippen und Augenbrauen hätte man ein Zucken bemerken können. * *

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