Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

Nachdruck verboten. Der Zierthalerhos. Eine Geschichte aus dem Volke von August Siköerstei». er ein reizendes Bild sehen will, muß in eilt stilles Thal treten, in ein Thal, in dem die Natur mit ihrer Gewalt und Größe ein Bauerngehöft umschließt, das alle diese Gewalt und Größe bemeistert, und das in seiner Kleinheit dennoch über all das Großartige und Ueberragende herrscht. In diesem Thale liegt das Gehöft, das Bauerngnt und der Meierhof des Zierthalerbauern, allgemein der „Zierthalerhof" genannt. Ein Herr, der von der Landstraße abzweigt, bleibt stehen und sieht sinnend, mit Vergnügen und Ernst gleichzeitig, in das Zierthal hinein und auf den Zierthalerhof. Er schreitet nach kurzem Stillstände wieder vorwärts und geht den Weg durch Felder und Wiesen nach dem Hause zu. Als der Herr hundert Schritte vor dem Gehöfte ist, bemerkt er einen Mann in der inneren Thüre des Wohnhauses stehen. Der Mann steht in der Küchenthür, an den linken Pfosten gelehnt, raucht seine kurze Pfeife, hält sie mit der einen Hand, während die andere in der Hosentasche ruht. Das schräge Brett ober der Thüre, das ein Dächelcheu bildet und nach den: hinauf sich ein alter Weinstock schlangelt, wirft gerade einen Schatten über das Gesicht, während die ganze andere Gestalt in der Sonne sich wärmt. Der Raucher in der Thür ist groß, stämmig, wohlbeleibt, hat ein etwas rothes, glattrasirtes, eigenthümliches, festes, trotziges, aber doch nicht bösartiges Gesicht. Das ist der Zierthalerbauer — der raucht und sinnt so vor sich hin und läßt sich von dem schimmernden Sonnenschein ganz wohl thun und sieht weder einen Kommenden, noch zwei oder drei. Plötzlich muß ihm ein Schimmer von dem blitzenden Gewehrlaufe ius Auge gefallen sein, denn er sieht auf, hält die Hand über die Augen, starrt vorwärts, nimmt rasch seine Pfeife aus dem Munde i

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2