Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

151 widmete in ihrer Sitzung vorn 30. August für die durch die Hochwasser-Katastrophe betroffenen Gemeinden des Spareasse-Be- zirkes 6000 fl., rvovorr die St a d t g em e i n d e S t e y r einen Theilbetrag von 4000 fl. und die Schleifer-Commune in Neuzeng 800 fl. erhielt. Die erhobenen H o ch w asser s ch ä d e u in unserem Bezirke betrugen im Stadtgebiete an Gemeindegut 40.000 fl. und an Privatgut 266.000 fl., im Landbezirke au Gemeindegut 24.546 fl. und an Privat- eigenthum 220.334 fl. Diese Summen beweisen am deutlichsten, wie schwer Industrie und Landwirthschaft, sowie der Besitz von Gemeinden und vieler steuerzahlender Bürger getroffen wurde. Lange Zeit wird es dauern, bis alle Wunden, die diese furchtbare Katastrophe an Besitz und Leben geschlagen, wieder vernarbt und deren nachtheilige Folgen in allen Fällen ausgeglichen sind. Wollen nur hoffen, das; der Steyrer Chronist nicht so bald wieder in die Lage kommt, über ein derartig trauriges Ereignis; berichten zu müssen. Am 30. Juli Nachts entstand im Stadel hinter dein Hause Nr. 25 des Kattunfabrikanten Josef T u reck in der Wehrgrabengasse in Stenr ein Brand, der von den alarmirten Löschmannschaften der beiden Freiw. Feuerwehren bald gelöscht wurde. Es verbrannten nur in den oberen Räumlichkeiten des Stadels Stroh- und Heuvor- räthe. Die Löscharbeiten waren in Folge der herrschenden Ueberschwemmung und des dadurch entstandenen Mangels an Beleuchtung sehr erschwert. Während des Hochwassers am 30. Juli Vormittags bräunte in Windischgarste» das dem Brauhaus-Märzenkeller gegenüber gelegene Grabnerhäusl ab. Dasselbe ist E'igenthuin des Brauers G r u b er, welcher in demselben Stallungen für das Borsten- und Federvieh sowie Holzlagen untergebracht hatte. Das Geflügel erstickte, während die Schweine in Folge der Wassergefahr schon vor dem Brande aus den Stallungen entfernt worden waren. Die Ortsfeuerwehr mußte bei den anstrengenden Löscharbeiten oft bis zu den Hüften im Wasser waten. Der in einer Holzkiste dortselbst aufbewahrte ungelöschte Kalk hatte sich in Folge des eingedrungenen Hochwasfers außerordentlich erhitzt, was den Brand verursacht hatte. Eine Folge des Hochwassers in Unterhimmel war auch, daß die dort in einem Stadel der Werndl'schen Fabrikswerke lagernden Eisenspähne, welche ebenfalls über- fluthet worden waren, durch Entwickelung von Gasen in glühenden Zustand geriethen, wodurch in der Nacht vom 1. zum 2. August ein Brand entstand, der von der alarmirten Feuerwehr Unterhimmel, sowie der herbeigeeilten Arbeiterschaft bald localisirt war. Doch die glühenden Spähnemassen mußten theilweise umgeschaufelt und herausgebracht werden, welche Arbeit bis zum Morgen dauerte, worauf eine Abtheilung der Steyrer Feuerwehr den Bereitschaftsdienst versah. Aber die Eisenspahnmassen (es waren bei 20 Waggonladungen) glühten heimtückisch im Innern noch immer fort, so daß später der ganze Vorrath aus dem Stadel herausgebracht und auf ein daneben befindliches Feld ausgestreut werden mußte, welche Arbeit erst nach acht Tagen vollendet war. Die Freiwilligen Feuerwehren von Gar st e n und Letten unterstützten nach Kräften die bereits infolge der anstrengenden Rettungsarbeiten während des Hochwassers erschöpfte Unterhimmler Mannschaft. Durch diesen Brand war die ganze Gegend um Unterhimmel mit einem brenzlichen Geruch erfüllt, und es dauerte noch ziemlich lange, bis die Eisenspähne am Felde endlich voil- konimen ausgeglüht hatten. Anfangs August wurde in Ziernina die W a r m b a d e - Än statt des Bäckermeisters Carl Demmelmayr in seinem vollständig renovirten Hause eröffnet. In dem Garten beim Hause' wurde eine Aussichtswarte errichtet,' welche den Badegästen eine prachtvolle Rundsicht gewährt. In der Pfarrkirche zu Windischgarsten feierte am 2. August Hochwürden Oscar S onn leitner seine P r i in iz. Hiebei hielt der hochw. Dechant Alois Statt von Molln die Festpredigt. — Am folgenden Tage fand in der Vorstadtpfarrkirche in Stevr die Priiniz von Hochwürden Josef Schedlberger statt, wobei der hochw. Beneficiat Franz Stummer die Festpredigt hielt. Am 2. August traf die Familie deZ Professors Alois P i ch l e r aus Wien, welche alljährlich während der Sommerferien in Losenstcin weilt, ein schreckliches Unglück. Deren tSjähriger Sohn büßte nämlich sein Leben bei einem kindisch unüberlegten Versuche ein, indem er glaubte, sich beim Halse an einem Stricke aufhängen zu können, ohne hiebei sein Leben zu gefährden. Den schwer betroffenen Eltern wurde allgemeine, aufrichtige Theilnahme zugewendet. Der 5. August war für die evangelische Kirchengemeinde in Steyr von besonderer Bedeutung, denn an diesem Tage erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der neuen evangelischen Kirche. Der Beschluß, den Bmi der Kirche in Angriff zu nehmen, war vom Presbyterium schon am 8. October des Vorjahres gefaßt worden, nachdem der Verein der evangelischen Gustav- Adolf-Stiftung in seiner 49. Hauptversamm- lung, ivelche vom 14. bis 18. September in Dessau (Anhalt) getagt hatte, die Haupt- liebesgabe im Betrage von 19.000 Mark der evangelischen Kirchengemeinde in Steyr zum Kirchenbau gewidmet hatte. Dieser Beschluß

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2