Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

141 gewaltsam ein Ende. Die Bedauernswerthe, welche von ihrem Gatten getrennt lebte und 35 Jahre alt war, hatte schon längere Zeit tiefen Trübsinn an den Tag gelegt und die That offenbar in einem Anfälle von Geistesverwirrung verübt. Am 31. Mai Abends stieß ein aus Holzstämmen bestehendes Floß beim Zu- fahren unterhalb des sogenannten Pfaffe n- steins bei Stcyr im Ennsflusse an einen größeren Uferstein, wodurch sich zwei Stämme lostrennten und der Floßführer Leopold Traunfellner in den Fluß stürzte. Trotzdem ihm seine Kameraden sofort hilfsbereit ein Ruder reichten, konnte er dasselbe nicht mehr erfassen und verschwand in den Wellen. Der Verunglückte war 71 Jahre alt und in Stein wohnhaft. Während der II. S ch w u r g e r i ch t s- Periode in Steyr wurde am 31. Mai der 86 Jahre alte, nach Grünburg zuständige ehemalige Kunstmühlenbesitzer in Windischgar- sten, Johann G u g e r, eine im Bezirke ziemlich bekannte Persönlichkeit, wegen Wechsel- fälschung zum Schaden der Bank für Oberösterreich und Salzburg in Linz und der Depositenbank-Filiale in Steyr im Gesammt- betrage von 1650 fl. zu einem Jahre schiveren, verschärften Kerkers verurtheilt. Von der Anklage wegen Betruges durch Fälschung eines Wechsels per 625 fl. 20 kr. zum Schaden der Getreidefirma M. Gutmann in Linz wurde der Angeklagte zu Folge des Verdicts der Geschworenen freigesprochen. Anfangs Juni wurde der Bezirkssecretär I. Domandl bei der Bezirkshauptmann- schaft Steyr über sein Ansuchen in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Derselbe hat seinen Posten durch 47 Jahre in eifrigster Weise versehen. Als dessen Nachfolger wurde der zum k. k. Statthalterei-Kanzlisten ernannte k. k. Gendarmerie - Wachtmeister des Bezirks - Gendarmerie - Commandos in Steyr, Rudolf Knopp, bestimmt. Am 1. Juni erdrosselte sich der aus der Schweiz zugereiste, 60 Fahre alte Fabriksarbeiter Carl Gsur im städtischen Polizeihause in Steyr, wo ihm über seine Bitte Nachtquartier gewährt worden war, mit seinem Taschentuch, Derselbe litt an Verfolgungswahn. Der Penn verein in Steyr hielt am 5. Juni eine außerordentliche Generalversammlung ab, um über eine Statutenänderung zu beschließen, welche durch den Bau einer eigenen Rennbahn bedingt wurde. Die vom Bankdirector I. Kautsch vollkommen neu verfaßten Vereinsstatuten wurden nach eingehender Erörterung seitens desselben Referenten von der Versammlung einstimmig zum Beschlusse erhoben. Der wesentlichste Punkt dieser Statutenänderung betraf die Verausgabung von 700 Antheilscheinen ü 10 fl. zur Bedeckung der Rennbahn-Erbauungskosten. Die Bauausführung wurde dem Bauunternehmer A. Wlzek in Linz, als dem billigsten Offerenten, um den Betrag von 3550 fl. übertragen. Im Bauerngute Nr. 15 zu Kreitzing, Gemeinde Egendorf, Eigenthum der Ehe- leute Michael und Aloisia Dchimpels- berger, entstand am 5. Juni Früh ein Rauchfangfeuer, welches das Strohdach ergriff und den Dachstuhl sowie den Stadel und das benachbarte Häusel Nr. 17 des Josef Eding er einäscherte. Durch das energische Eingreifen der Feuerwehren von Egendorf, Sipbachzell, Schleißheim und Kematen wurde der Brand localisirt. Es verbrannten viele Vorräthe an Holz, Futter und Stroh, Fährnisse und ein Schwein. Am 7. Juni sand in Steyr in der Pichler'schen Restauration, vormals Auböck's Brauhaus, die Constituirung der Ortsgruppe Steyr des Wiener Touristenvereines „Die N a t u r f r e u n d e" statt. Am 9. Juni wurde der 76 Jahre alte Veteran Jgnaz Kranz m a i r, gewesener Maurer, in Steyr zu Grabe getragen. Der Militär-Veteranenverein mit seiner Musik- capelle, sowie die Dachsberg-Pöllerschützen erwiesen ihn: ihre letzte Ehrenbezeigung. In der Pfarrkirche zu Teruberg fand am 10. Juni die Bermälung des Fräuleins Amalia Maria Schieber, Arbeitslehrerin, mit dein dortigen Gemeindesecretär, Florian Kurz, statt. Der in der Sitzung des Gemeinderathes der Stadt Steyr am 11. Juni zur Kenntniß genommene I ahres - Ha u p t r e ch n n n g s- abschluß pro 1896 wies aus einen Activenstand von 1,742.212 fl. 13 "2 kr. und einen Passivenstand von 1,275.458 fl. 6 kr., sonach ein reines Vermögen von 466.754 fl. 7 Vj kr. Die „Gesellschaft der M u s i k- freund e" in Steyr feierte am 12. Juni ihren 25jährigen Bestand mit einem Festconcerte im Hotel „Schiff" unter Mitwirkung der beiden Steyrer Gesangsvereine „Liedertafel" und „Kränzchen", welches der Leistungsfähigkeit des jubilirenden Vereines das schönste Zeugnis ausstellte. Das Programm wurde eröffnet mit Beethovens 6-änr-Sym- phonie Nr. 1, weiters spielte die Gesellschaft der Musikfreunde die Jubel-Ouverture von C. M. v. Weber, Nordische Weisen von Grieg rc. Verträge der beiden Gesangsvereine bildeten eine willkommene Abwechslung und fanden gleich den Productionen des Musikvereines reichen, wohlverdienten Applaus. Der Landtags-Abgeordnete und Vicebürger- meister Victor Stigler hielt die Festrede, in welcher er die ersprießliche Culturarbeit der Gesellschaft der Musikfreunde während ihrer zurückgelegten viertelhundertjährigen Thätigkeit schilderte und deren Verdienste, wie auch die schönen Erfolge während dieser langen Zeit hervorhob " und gebührend

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