113 Südosten Enropa's finden wir österreichische Truppen in Albanien und Macedonien, fast in gleicher geographischer Breite mit Constantinopel, uno im Osten sind es der Pruth und die Ostküste des mittelländischen Meeres, ja in Kleinasien selbst, wo Oester- reich's Banner siegreich inerte. Im Westen Europa's zeigten sich die österreichischen Waffen wiederholt in Frankreich, in Dünkirchen, Jperen und Calais und südlich bis an die Rhone und Saonne und ivie der unvergeßliche Feldmarschall Radetzky sagt, gibt es außer Schweden und Norwegen, dein nördlichen, östlichen und südlichen Russland fast nicht eine Quadratureile Landes, „aus welcher nicht Oesterreich's Heere ihr Blut für Deutschlands Ehre und Rettung verspritzt hätten." Ströme von Blut, Ströme im vollsten Sinne des Wortes, sind in den fast 7000 Affairen der letzten drei Jahrhunderte geflossen. Ein Gesammtverlnst läßt sich allerdings auf den Mann genau nicht mehr nachiveisen, Lber doch kann man feststellen, daß in den verflossenen 3 Jahrhunderten 201 Generale, 17.096 Officiere und 1,068.574 Mann auf dem Felde der Ehre ihr Blut für Oesterreich's Ruhm vergossen haben. Nach Angaben der gegnerischen Verlustausweise verloren Oesterreich's Feinde in diesem Zeitraum 305 Generale, 10.099 Officiere und 1,227.656 Mann. Die österreichischen Truppen verloren in drei Jahrhunderten an den Feind, oder sonst: 712 Fahnen, 257 Standarten, 1805 Kanonen, 129.227 Pferde und 3910 Wagen, gewannen aber hiefür: 4101 Kanonen, 1754 Fahnen, 279 Standarten, 13.682 Pferde, 11.833 Wagen u. s. w., wobei aber die Uuvollständigkeit .der Ausiveise über feindliche Verluste, die uns zur Verfügung stehen, in Rechnung zn ziehen ist. Und nun drängt sich unwillkührlich die Frage auf: Für was und für wen ivurde denn eigentlich das Blut der Besten von Oesterreich's Söhnen vergossen? Der größte Theil der Menschen ist mit der Antwort auf diese Frage gewöhnlich schnell fertig und im Handumdrehen ertönt die Antivort: Für dynastische Zwecke. — Es mag schon sein, daß für diese Zwecke Oesterreich's Heerschaaren hie und da aufgeboten wurden, aber man darf auch nicht vergessen zu sagen, daß seit vier Jahr- hunderten in den österreichischen Staaten die dynastischen Zwecke mit der Selbst- ständigkeit der Provinzen, sollten diese nicht unter eine Menge Herren vertheilt werden, zusammenfallen. Und überdies, kamen nicht Oesterreich's große, langandauernden Kriege meistdenCultur- nationenEuropa's mehr zu Gute, als den Völkern O e st e r r e i ch' s, die jene Kriege führten und deren Kosten mit ihrem Herzblut und ihrem Wohlstand bezahlten? Was wäre aus den mitteleuropäischen Völkern geworden, hätten Oesterreich's Herrscher nicht in den blutigsten und härtesten, fast drei Jahrhunderte währenden Kämpfen, in Defensiv- und Offensivkriegen, die Türken auf die Grenzen Europa's gegen Asien beschränkt, dadurch Ungarn wieder neugeschaffen, und nicht das K r e u z vor dem Halb m o n d, die abendländische Cultur vor dem B a r- b a reut h u m beschützt? Und Oesterreich's Kriege gegen Frankreich, dienten sie nur den dynastischen Zwecken der Deutschen Kaiser aus dem Hause Habsburg, oder nützten sie nicht auch Deutschland, erhielten sie, oder wenigstens retteten sie nicht trotz der oft gänzlichen Theilnahmslosigkeit im heiligen römisch - deutschen Reich ben Stämmen, was eben zu retten war bei der Uebermacht z. B. eines Ludwigs XIV. ? Ohne Oesterreich's Kriege und Kriegsopfer wäre eine culturelle Entwicklung der großen europäischen Nationen kaum möglich ge- wescn, denn Oesterreich bildete die M a n er, hinter der Deutsche und Romanen und ein Theil der Slaven ruhiger Cnlturarbeit sich hingeben konnten. Es ist daher eine keineswegs neue geschichtliche Erwägung, welche in dieser für alle Völker Mitteleuropa's heilsamen Ausgabe die tiefere sittliche Berechtigung sucht für dieses Staatswesen, dessen Völker in allen Nachbarreichen ihre Stammverwandten besitzen. Es ist billig, daß 8
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