Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

110 stimmet verfertigt.—Auch in Steyr wurde die edle Goldschmiedkunst gepflegt. Im 16. Jahrhunderte lebten hier die Goldarbeiter Wolfgang Häuser und sein Sohn Josef. Von Beiden rührt der 1584 herausgegebene Plan Steyrs aus der Vogelschau her. Kupferstich- und Goldschmiedkunst waren in jenen Zeiten nicht selten vereint; Hieronymus und Dietrich Bang, Hans Hensel it. A. in Nürnberg, Theodor dc Bry in Frankfurt a. M., Joh. Bloy in Wien, Heinrich Aldegrever §11 Soest zeichneten sich in beiden Künsten aus. In Steyr läßt sich auch die Goldschmiedfamilie Gemböck weit zurückverfolgeu. Das Steyrer Stadtarchiv, das mit seinen 38 Helmbarten, 28 Äkorion, 1G Kürassen, 10 Fahnen, 2 Feldschlangen ein kleines historisches Arsenal bildet, hat aber noch zwei höchst beachtenswerthe Schwerter. Das eine ist ein prächtiger geflammter Zweihänder, 1 Meter 9 Centimeter lang, dessen Griff mit schwarzem Sammet überzogen ist. Das Archiv besitzt auch das größte Schwert der Welt, es hat die gewaltige Länge von 2 m und 70 om, wovon 1 m 94 cm auf die mit einge- hammerteu rohen Ornamenten verzierte Klinge kommeu. Die Parkrstange hat eine Breite von 61 em. Ist es ein Abzeichen städtischer Macht? Ist es ein MeisterstüW Als Waffe konnte es nie gedient haben. Ein Eisenarm mit einem Schwerte war das Abzeichen der Marktgerechtigkeit; es ist nicht lange her, daß er zur Marktzcit am Rathhause angebracht wurde. An Griff und Zwinge reich mit durch- brocheuen Silberornamenten verziert ist auch der 95 ein lauge Stadtrichterstab, dessen Holz eine eingeritzte bandförmige Zeichnung zeigt. Der Knopf hat ein reizendes Muschelornament, die Verzierung des Griffes besteht aus sechs flach gehaltenen, reich umrahmten Köpfchen. Die älteste Urkunde des Stadtarchives von Steyr ist das Stadtrecht vom 23. August 1287, verliehen durch Albrecht I. von Oesterreich. Das Pergament ist 56,5 ein breit, 39 em hoch, hievon sind 4 ein umgeschlagen, die Urkunde ist in lateinischer Sprache verfaßt, in der gleichförmigen schönen Schrift des XII1. Jahrhunderts geschrieben, umfaßt 25 Zeilen und bestätigt den getreuen Bürgern von Steyr ältere Rechte. Das große, schöne, einseitige Reiter- siegel, welches 9 cm Durchmesser hat, hängt an grünen, rothen und gelben Seidenfäden, der Herzog sitzt auf dem nach links sprengenden Pferde, hält in

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