Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

108 Kleinodien der Stadt Steyr. Geschichte und Sage wissen uns von be- rühmten Schiverteru zu erzählen, an die sich stets der Zauber des Siegs geheftet hat. Die kaiserliche Schatzkammer in Wien verwahrt das Schwert Carls des Großen, das Kaiser Otto 11. an der Leiche seines gewaltigen Vorfahren fand, als er die Kaisergruft int Dome zu Aachen eröffnete. Da man den Leichnam des großen spanischen Helden Rödrigo Cid Campeador auf seinem edlen Schlachtrosse Babicca aus Valencias Mauern führte, da gab man dem Todten sein Schwert, den „Flammeuberg" Tizone in die Faust, das einst der Schrecken der Mauren war. Dichtung und Akustik haben Siegfrieds Schwert Nothung verherrlicht, das er dem Hüter des NibelungeusHatzes, dem „Schlangeuivurm" Fafner ins Herz stößt. Und als Bayard du. Terrail, der »iHtter ohne Furcht und Tadel, allein die Brücke über den Garigliano vertheidigte, da hielt sein Schwert zweihundert Reiter auf. Auch die Stadt Stehr besitzt ein Schwert, das sich den historischen Waffen würdig anreiht. ES hat nicht in männermordenden Schlachten mitgekämpft, es hat sich, geführt von starker Faust, nicht in das Herz des Feindes gebohrt, es trug nicht den Lorbeer des Siegers, und doch haftet ihm ein Zauber an, in dem sich kein Röcheln der zn Tode Getroffenen mengt, der Zander der Kunst- schönheit. Ich möchte es mit dein berühmten Prunkdegen vergleichen, den einst Kaiser Carl V. trug und der eine der ersten Zierden der kaiserlichen Waffen- sammlung in Wien bildet. Sein Griff ist aus geschnittenem Golde mit den reichsten Verzierungen von Email, er ist ein Meisterstück des Mailänder Klingenschmiedes Antonio Piccinino. Reichste Silberornamente bedecken den mächtigen Griff und die mit schwarzein Stimmte überzogene Scheide des Prachtschwertes der Stadt Steyr. Die ganze Länge ; betrügt 130 an, davon kommen aus den Griff 31'5, die oben 4'5, unten 3 ein । breite Klinge ist 90 cm lang. Wie herrlich und geschmackvoll ist das Ganze, nüe reizend und harmonisch die Vertheilung der durchbrochenen Silberornamente. Der sechseckige Knauf, 6'5 cm hoch, 6 cm breit, in sechs Felder abgetheilt, ist liiit Masken, der ganze Griff mit reichen Ornamenten bedeckt, an seiner Vorderseite ist der Panther von S^eyr, rückwärts ein Doppeladler angebracht, auf dessen Mittelschild die Worte stehen i ■1 S. Schrotmilner k. k. Statr. 1750. Am Rande der Scheide steht: Georg Wernberger S. E. renovirt 1642. Dieser war Stadtrichter voll 1641 bis 164.5, Sebastian Schrottmüller von 1748 bis 1755. Von der mächtigen, 31 cm breiten Parirstange biegen sich zwei Schlangen gegen die Scheide zu, den Bug zieren zwei vergoldete Löwenköpfe und eine Masken Auf der oberen Verzierung der Scheide hält unter der Schrift 8. STEYR eine weibliche Herme mit erhobenen Händen eine Maske, zn deren Seiten je ein Vogel sitzt, unten zwei Genien mit Bocksfüßen, darunter eine Opferscene, eine Maske schließt das herrlich in Silber getriebene Ornament, welches Frucht- und Blumenfestons durchziehen. Die Zierathen der Rückseite sind flach gehalten, ein aussteigender Panther, darüber ein Affe zwischen zwei Vögeln, Einhorn, Hirsch und ein Jäger, der mit einer Saufeder ein Wildschwein durchbohrt. Reich ist auch der Schmuck des OrtbandeS, Minerva stützt die rechte Hand auf die Lanze, hält in der linken den Schild, unten ein Schild mit dein Me- dusenhaupte und ein antiker Panzer, darunter ein Kopf, dann eine weibliche Gestalt, die zwei Kinder führt, unter ihr eine sitzende weibliche Figur, rückwärts wiederholt sich das Bild der Minerva und der Kopf, darunter eine Frauengestalt mit Wage und Schwert und zum Abschlüsse

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