Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

107 „Wird wohl nichts Hartes oder Böses sein, was mir der Herr Vater schafft", meinte Barbara lächelnd. „Hast also unbedingt Vertrauen in Deinen Vater", forschte der Bürgermeister. „Ja — wußt' nicht, warum ich daZ nicht sollt haben — ist's gar so was Großes, was der Herr Vater jetzt anf- tragen will?" „Ei, doch, daS mein' ich wohl", sagte Herr Hans Prandstetter halb lachend und doch recht ernst. „Du weißt, doch wohl auch schon, daß die Gretel mit einem vornehmen Herrn sich tvird ver- malen?" „Hab' so etwas gehört, aber im heutigen Trubel nicht recht Zeit gehabt, darum zu fragen", meinte Barbara einfach, „wenn sie nur glücklich wird." „Gelt, Bärbel, das wär' nach unserer Ansicht die Hauptfach' bei der Ehe — glaub' auch, die Gretel ist's zufrieden — ob Du's aber bist?" „Ich, Herr Vater?" fragte sie erstaunt, „ich heirate ja nicht —" „Oh doch, mein Kind", sagte Herr Hans Prandstetter und zwang sich, gar grimmig dreinzusehen, „die Gretel heiratet aus Befehl von oben — Du — Du aber auf den meinigen!" „Wie, was, sagt der Herr Vater?" stammelte Barbara ganz bestürzt und begann zu zittern, so daß sie sich mit der Hand auf den Tisch stützen mußte, „der Herr Vater scherzt doch nwhl." „Mit Nichten, mein Kind", polterte Herr Hans Prandstetter, um seine Ve- wegung zn verbergen, die ihn beim Anblick des Schmerzes ergriff, der sich im Wesen seines Kindes ausprägte, „ich will als Vater auch meinen Willen haben! H e u f b c i T i s ch i st a u ch Deine Verlobung, und versuch» nur ja nicht, mich umzustimmen, es wär' ganz vergebens! Aber Du bist ja gar nicht neugierig zu erfahren, wer der Mann ist, den ich für Dich erkoren?" „Nein, Herr Vater", sagte Barbara schwer athmend und ihre Augen füllten sich mit Thränen, „der, dem Ihr meine Hand geben werdet, kann nur ein Ehrenmann sein, das weiß ich — wie er heißt, erfahr' ich wohl noch zeitig genug —" Herr Hans Prandstetter hätte seine Tochter bisher scharf beobachtet und die Wirkung seiner Worte bewiesen ihm, daß beten Herz nicht mehr frei war, daß sie aber entschlossen sei, ihm eine folgsame Tochter zu sein. Er fand eS daher an der Zeit, bem peinlichen Augenblicke ein Ende zu machen. „Na, Bärbel", sagte er, sich zum Scherzen zwingend, „das kann icb jetzt ersehen — der Lorenz Gutbrod ist ein Hasenfuß und hätt' bei Dir nimmer um Deine Hand geworben, so ich es nicht selber jetzt gethan!" „Herr Vater", stieß Barbara, die plötzlich hochroth im Gesichtchen geworden lvar, mit bebender Stimme hervor, „was sagtet Ihr soeben?" „Daß der Lorenz Gutbrod auch nun anf meinen Befehl hin mein Bärbel kriegt", entgegnete Herr Hans Prandstetter, den Namen des jungen Kaufherrn wohl betonend, und sah mit Freuden, daß Barbara wirklich dem Lorenz vom Herzen gut war. „Was sagt denn nun mein Bärbel — wirst Du meine» Befehl brav folgen?" „Vater", jauchzte sie in heller Freude auf und flog ihm an den Hals. „Erdrück' mich nur nicht Mädel", wehrte Herr Hans Prandstetter die zärtliche Dankbarkeit Barbaras ab und seine Augen wurden naß, „ich hoff', der Lorenz wird Dich glücklich machen — und auch der Radkersburger Herr Pfleger die Gretel! Das walt' Gott der Herr, und dann kann auch was Rechtes werden — aus z w ei Ehe« a u f B e f e h l!"

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