106 nicht so sein? Wär's der erste Fall in Steyr?" „Nein, ich geb' das zu", sagte Frau Susanne, „aber — wenn's nun wär, daß des Kaisers Majestät für einen hohen Herrn um Deine Hand geworben, was. dann?" ttnd sie sah ihre Tochter forschend an. Diese aber hielt den Blick standhaft aus und meinte: „Was dann? Ei, Frau Mutter, ich glaub' doch wohl für eine adelige Frau zu passen und säh' mich wahrlich lieber von ritterlich Gebrauch und Sitt' umgeben, als von unserer bürgerlichen Derbheit! Doch verzeiht, Frau Mutter, ich hab' noch an die Tafel ordnend Hand zu legen!" Und Jungfer Margaretha knixte so vornehm, als wäre sie ein Edelfräulein, und enteilte aus der Stube, während ihr Frau Susanne befriedigt lächelnd nachsah und dann die Neuigkeiten weiters hörte, welche die Alte noch gesammelt hatte. Als bald nachher der Bürgermeister sein Heim betrat, empfing ihn seine Ehefrau wohl mit bem üblichen Glückwunsch ob seiner Wahl, doch galt die nächste Frage schon dem Gerücht von der Brautwerbung des Kaisers um Jungfer Margaretha und ziemlich mißmuthig bestätigte Herr Hans Prandstetter die Nachricht, athmete aber sehr erleichtert auf, als ihnr Frau Johanna die Versicherung gab, die Gretel habe nichts dagegen eine „große" Frau zu werden und er könne doch recht stolz sein auf ein so schönes, wohlerzogenes Kind, das selbst der allergnädigste Landesherr solcher Auszeichnung für würdig erachtet habe. Der Bürgermeister lächelte etwas spöttisch bei diesen Worten — er wußte schon, mie das Wunder geschehen konnte, aber da sein Kind nichts gegen diese Heirat a uf Be f e h l einzuwenden hatte, war's auch ihm recht, und da seine Ehe- frau zu Margaretha eilte, um dieselbe von ihres Mannes Worten zu benachrichtigen, ging er auf sein Arbeitszimmer und ließ seine zweite Tochter, das Bärbel, herbeirufen. Jungfer Barbara war nicht von so gebieterischer Erscheinung ivie ihre Schwester Margaretha und überhaupt das Gegentheil von derselben, so wie Herr Hans Prandstetter zu sich selber vorher gesagt hatte: sie war ein Hans- mutterl, jetzt schon, das still und ruhig im Hause schaffte und auch jene Arbeit ohne Murren that, welche Margaretha unter ihrer Würde hielt zu thun, und ertrug still die oft gegen sie etwas harte Weise ihrer Mutter und die hochmüthige Art des Benehmens ihrer Schwester Margarethe, welche wohl nie die Absicht dabei hatte, Barbara zu kränken, in ihr aber doch nur ein Wesen mit den ihr verhaßten bürgerlichen Auschannngen sah. Herr Hans Prandstetter hatte sich eben in ein feingeschliffenes Glas etwas Weißwein eingeschenkt und betrachtete das goldige Naß aufmerksam, indem er das Glas gegen das Fenster hielt, — es sollte das wohl eine Probe sein, ob der Wein für die heutige Tafel taugte, als nach schwachem Klopfen an der Thür das Bärbel hereintrat. „Was befiehlt der Herr Vater?" fragte das Mädchen und blieb nicht weit von der Thüre bescheiden stehen. Herr Hans Prandstetter setzte das Glas, ohne daraus getrunken zu haben, auf die Tischplatte, erhob sich vom Stuhl, schritt auf fein Bärbel zu und ergriff die Hand seiner Tochter. „Du, Bärbel", sagte er scherzend, „Dn hast jetzt ganz recht gefragt — ich befehl Dir jetzt richtig was!" „Nur zn, Herr Vater", meinte Barbara lächelnd, „der Herr Vater hat ja zu befehlen im Haus und ich, die Tochter, zu gehorchen —" „Ja, ja Bärbel, ich weiß schon, was für folgsam Töchterchen Du bist", sagte ! Herr Hans Prandstetter und streichelte derselben die offenbar von der Hitze am Herde in der Küche, mo sie heute die Mutter vertrat, gerötheten vollen Wangen, die das hübsche Gesichtchen noch anheimelnder machten, „was ich Dir aber jetzt befehlen werde, von dem weiß ich nicht, ob Du's gerne befolgen wirst."
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2