Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

102 Fährmann ab und sprang dann aus dein Kahne und die paar Schritte zu Herrn Hans Prandstetter hinauf, den er gar- ehrerbietig begrüßte. „Ist mir eine gar große Ehr und Freud, unserm neuen Herrn Bürgermeister so rasch Glück und Segen ob feiner Wahl hiezu wünschen zu können", sagte er und die Aufrichtigkeit leuchtete ihm dabei aus seinen ehrlichen Augen, „ist doch recht so?" „Ja, doch, mein lieber Loren; Gutbrod", nickte Herr Hans Prandstetter etwas wehmüthig und schüttelte dem jungen Manne herzlich die Hand, „haben mir dieses Ehrenamtes Last von Neuem aufgebürdet —" „Ei, welch' gute Kunde!" rief hier der Fährmann dazwischen, der neugierig den Worten der nur tvenige Schritte von ihm entfernt stehenden Männer gelauscht hatte, „will nun gleich wieder hinüber und die Botschaft drüben weiter sagen, werden sich alle recht herzlich darüber freuen — Gott mit Euch, Herr Bürgermeister, und mit unserer Stadt ' Steyr!" Und der Graubart stieß mit wenigen Ruderbewegungen vom User ab, der leichte Kahn schoß gegen die Mitte des Flusses zu uud hüpfte über dessen hügelige Wasser fast wie ein Stein beim „platteln", und angeregt sahen die beiden Männer am Ufer gn und wollten sich eben zum Gehen wenden, als der Fährmann, welcher eine ruhige Stelle im . Flusse erreicht hatte, rasch die Mütze hoch über seinen Kopf hielt und dieselbe ein paarmal schwenkend einen „Juchzer" hervorstieß, daß eZ nur so an den Felswänden hindonnerte — im nächsten Augenblicke saß aber der Fährmann schon wieder ruhig im Kahne und handhabte gar meisterlich die Ruder. „DaS war eine Huldigung für Euch, Herr Bürgermeister", sagte jetzt Loren; Gutbrod lächelnd, und als er sah, daß jener nur mit stummem Nicken ihm bei- pflichtete, setzte er rasch unb fragend hinzu: „Macht sie Euch nicht Freud', diese ehrliche Lieb' für Euch im Volk?" „Doch", nickte der Bürgermeister gedankenvoll, „bin gewiß geachtet im Volk und auch nach oben — dort hinauf wohl schier etwas zu viel!" Und mit seichtem Seufzer wandle er sich um, stieg zuiu Weg empor und war= tete droben, bis Loren; Gutbrod ihm gefolgt war, und fragte kurz: „Wohin des Weges, Herr Loren; Gutbrod, nach Garsten oder nach Steyr?" „Heimwärts, Herr Bürgermeister, heimwärts", antnwrtete der junge Blaun rasch, „möcht gern heut Abend beim Fackel- ;ng sein, der Euch zu Ehren wird, wie herkömmlich am Wahltag, gebracht werben! Und dann, hab ja auch Manches daheim zu bestellen, wo es nicht immer glatt hergeht, bin ich in Geschäften auswärts, Gott sei's geklagt!" „Seid daran doch wohl selber schuld", meinte der Bürgermeister so leichthin, uud beide schritten langsam gen Steyr, und als er den fragenden Blick des jungen Mannes gewahrte, legte er begütigend seine Hand auf dessen Arm und lächelte: „St. Georg! 'S ist nicht bös ge- meint! Weiß gar wohl, was für ein tüchtiger Kaufmann Ihr seid nnd wie Ihr in redlicher Arbeit bemüht seid, Goldstück zu Goldstück zu hinterlegen, seit Jhr's dahin gebracht, daß Ihr durch Arbeit uud Entbehrung die Gelder habt hinauszahlen können, so auf Eurem Vaterhaus gelastet haben! Ich hab Euch genau beobachtet und das gefiel mir ganz ausnehmend gut, wie Ihr Euch habt emporgeschwungen vom kleinen Krämer zum Handelsherrn, lind darum acht ich Euch gar sehr darob!" Dem jungen Manne stieg ob dem Lob, das er da vernahm in freudiger Erregung das Blut in's Gesicht uud diese Worte erfüllten ihu mit doppeltem Stolze, denn erstlich klangen sie wie eine obrigkeitliche Anerkennung uud dann - ja, dann! Und Loren; Gntbrod seufzte leicht, als seine Gedanken bei diesein „ja, dann" angelangt waren. Der Bürgermeister hatte sich ihm nie so aufgeknöpft gezeigt wie heute, obwohl Loren; Gntbrod nach

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