101 Kaiser Friedrich in, in ewiger Geld- klemme, hervorgerufen durch die fort- währeuden Kriege, uud theilte dieses Geschick mit vielen Mitgliedern des Adels, den er willig erhalten mußte, N'vllte er seine Heere ergänzen, oder bewährte Führer für dieselben haben. Für seine Dienste wollte der Adel aber auch belohnt sein, und solche Belohnung war in klingender Münze in den meisten Fällen weit wirksamer, als Ehrentitel lind Ehrenketten, denn gerade jener Theil des Adels, der sich dein Staats- oder Kriegsdienste widmete, war meist verarmt und Dienst und Brod daher auch bei den Adeliigen gewöhnlich ein Begriff. Geld und Reichthum fand sich aber genug im mehr und mehr erstarkenden Bürgerthume, das bereits eine Macht war, mit der gerechnet werden mußte, und so ersann man am Hofe Kaiser Max I. ein Mittel, das seiner Politik, die Unterschiede zwischen dein Adel und den Bürgern auszugleichen ebenso zweckdienlich war, als es geeignet schien, dein verarmten Adel wieder zum alten Glanz zu verhelfen. Dieses Mittel war einfach genug: die reichen Bürgerstöchter sollten an Adelige verheiratet werden. Nachdem aber die wohlhabenden Bürger mit dieser Art der Uebertragung ihres Vermögens an den Adel zumeist nicht einverstanden waren, trat der Kaiser selber als Brautwerber für seine Schützlinge auf, und da sonnte nicht leicht ein Korb ertheilt werden — eine solche Brautwerbung war nichts viel Anderes, als ein Befehl in äußerlich sehr auszeichnender Form*) Das Alles wußte Herr Hans Prand- stetter gar tvohl, nnb in seinem Aerger darüber hatte er den Spaziergang an- getreten, obtvohl 511 Hause sich in Bälde jene Gäste eiufinden mußten, die er zu Mittag nach der Wahl geladen hatte — vielleicht beruhigte ihn die kalte Luft, die schneidig und „flockerlnd" vom Dammberge herabwehte. „Der Gretl toerb’ ich wohl nit helfen können", dachte er und sah zur Capellc nach S.t. Ulrich hinüber, deren niederes Holzthürmchen kaum aus dem hochstämmigen Walde hervorlugte, der sie um- gab, „sind just nicht wählerisch in bcn Mitteln, mich zum ,Ja' -sagen zu zwingen! Ist übrigens ohnehin etwas hoch daran, das Mädel, Gott geb's, daß die Sach' da ohne Kampf mit den Weibsleuten — darunter verstand er wohl auch seine sehr tvillensstarke Frau — abgeht, aber das Bärbel, nein, Ihr Herren zu Wien, das laß ich nicht zu! Ist soviel Hausmutter!, jetzt schon, das Kind, und dann, Herrgott in Deinem Reich, von was sollt’ denn ich und meine Ehegespons Hinfür leben, wenn ich all mein Hab und Gut den Töchtern als Mitgift geben muß." Und laut setzte er mit grimmigem Blick hinzu: „Zum verprassen durch — durch — einen adeligen Herrn!" Er hatte ein derberes Wort auf der Zunge gehabt, aber er war genug in hohen Aemtern und Würden und hatte es gelernt, sich zu beherrschen. Das ivurde ihm nun freilich diesmal leicht gemacht, denn von St. Ulrich herüber wurde ein Kahn gerudert, in dein außer dem Fährmann nur ein Btann saß, der dem Bürgermeister noch in der Mitte des Flusses lebhaft mit der Pelz- mütze Grüße zuwinkte. „Ei, das ist ja der Lorenz Gutbrod", dachte sich Herr Hans Prandstettcr und rieb sich die etwas kältestarren Finger, nickte aber doch dabei lebhaft dem Näherkom- nwndcn zu, „das ist fürwahr ein gar fleißiger Handelsmann und allzeit bei seiner Sach'." Nun hatte der Kahn knapp am Ufer, wo Herr Hans Prandstetter stand, angelegt, Lorenz Gutbrod lohnte rasch den *) In Steyr hatte sich bereits im Jahre 1309 ein solcher Fall ereignet. Kaiser Max hatte die siebenjährige Tochter des verstorbenen reichen Bürgers Ditrich Reischko erst an den Truchseß von Stütz und nach bessern Tode an Wolf v. Dietrichstein vermalt, wodurch 20.000 fl. aus der Stadt hinweg und an den Adel kamen.
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