Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

99 fürstlichen Stadt Steyr in aller Ordnung ist vollzogen worden, nnd da Ihr schon ini Vorjahre das wohlweise Oberhaupt dieser treuen Stadt geivesen seid, erinnern wir Euch nur daran, daß der voir Euch früher geleistete Anitseid auch ferners bindend ist. Wir beglückwünschen Ench und Eure Stadt zu dieser weifen Wahl und bitten Gott, Euch reichen Segen für Eure Ancksthätigkeit zu schenken!" Hub nnn erwarteten alle hochedeln und hochweisen Herren, der Landes- hauptinann iverde beut neuen Bürger- meister gnädig! ich die Hand drücken, worauf dasselbe jeder einzelne zu thun gehabt hätte, allein der edle Herr Jörger nahnl vom Tische ein Päckchen, das er die Zeit über vor sich hatte liegen gehabt, und trat zu den: Bürgermeister. Ihm folgte der Vicedom, ivelcher das Päckchen übernahm nnd darall heruinnestelte, »väh- rend der Landeshauptinann neuerlich zu sprechen begann. Er schilderte die Verdienste Herrn Hans Prandstetters um die Stadt, sowie dessen kaisertreues Wirken lind schloß mit der Bekanntgabe, daß der Kaiser beut Bürgermeister als Lohn hiefür ein gülden Ehrenkettlein mit allerhöchst feinem Bildnisse zu verleihen geruht habe, das er, der Landeshauptmann, so glücklich sei, nnn überreichen zn können. Und der edle Herr Wolfgang Jörger nahm die ibm vom Vicedom dargebotene Ehrenkette und legte sie dein überraschten Bürgermeister ilin den Hals, und nun erst begann das Beglückwünschen: feierlich von Seite des Landeshauptmanns, vertraulich und doch würdig durch den Vicedom, herzlich nnd gut bürgerlich lebhaft durch ben Stadtrichter und die Räthe, »vorauf Herr Hans Prandstctter seinen Sitz znr Linken des Landeshauptmanns cinnahln, um's Wort bat, sich erhob und in wohlgesetzter Rede seinen ehrsnrchts- vollen Dank sagte für die Huld und Gnade des LandeZfürsten. „Die Wahlen allhier wären somit beendet", sagte jetzt der Landeshanpt- niann, „und unser Dienst als kaiserliche, auch landesfürstlicher Commissarii war lvahrlich leicht nnd angenehm. Bevor wir aber den heutigen Rath beenden, ivollen wir, Herr Georg Siegharter unb ich, nns noch eines zlveiten kaiserlichen Auftrages entledigen, den wir erhalten haben. Nicht als hohe Obrigkeit stehen wir anjetzt vor dem hohen Rathe, sondern als Abgesandte Jhro kaiserlichen Majestät, ivelche dem wvhledlen Herrn Hans Prandstctter noch eine Auszeichnung ad pvrsmunn, als pater familias, geruhen zu verwilligen und jnst vor diesen: »vohl- iveisen Rath ist Ort nnd Zeit, sie Ench zn verkünden. Unseres allergnädigsten Herrn kaiserliche Majestät sendet ims, den edlen Herrn Georg Siegharter nnd mich, zn dem wohledlcn Herrn Hans Prandstetter — als Hxautwerber!" Herr Wolfgang Jörger hielt nach diesen Worten inne, wahrscheinlich um die Wirkung derselben auf Herrn Prandstetter zn ersehen, der aber merkwürdiger- weise dnrchans kein glückseliges Gesicht ob der Ueberraschung machte, die ihm Kaiser Max I. durch diesen Antrag bereitete, und auch auf den Gesichtern der anderen Herren war nichts von einen: Verständniß für solche Ehrung zu ge- wahren, ja die beiden Kernstock'S sahen sogar recht mißvergnügt darein und Herr Georg Siegharter erwiderte den wie hilfesuchend anf ihn gerichteten Blick des Bürgermeisters mit einem bedauernden Achselzucken nnd sah von nnn an hartnäckig znr Zimmerdecke empor nnd sein ganzes Gehaben sagte deutlich: „Ich kann nichts dafür; daß ich so vor Dir steh', ist allerhöchster Wille und Befehl!" — nnd so hatte der edle Herr Wolfgang Jörger Zeit, den Schluß feiner Rede an- zubringeu. „Ich seh' Euch überrascht nnd etwas bedrückt", fuhr er nun fort, „doch mögt Ihr Ench als Vater nur sogleich beruhigen, deS Kaisers Majestät wirbt für keinen Unwürdigen! Die Hand Encrer liebreizenden Jungfer Margaretha soll den: edlen Herrn Achaz von Ateknitz, deS Kaisers Pfleger in Radkersbnrg, zn Theil werden, einem ritterlichen, seinen Manne, und wir bitte»: Euch, uns vor 7*

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