91 den Haupttheil der griechischen Truppen cou- centrirt hatte, während der zum Chef des General- stabes der thessalischen Armee ernannte Oberst Smolenski sich bei Velestino mit einer anderen kleineren Abtheilung des griechischen Heeres festgesetzt hatte. Nach einigen von den Griechen als Siege bezeichneten Vorgefechten sah sich die griechische Kronprinzen-Armee genöthigt, einem energischen Borstoße der Türken gegenüber auch Pharsalos zu räumen und den Rückzug nach Domokos anzutreten. Den in Pharsalos em- ziehendeu Türken sielen die ganze Bagage des Kronprinzen, sechs Gebirgsgeschütze und viel Kriegsmaterial zur Beute. Auch in Velestino vermochten die Griechen den Türken auf die Länge nicht Stand zu halten, und mußte sich Oberst Smolenski mit dem Gros seiner Truppen, unter Aufgebnng seiner Artillerie, nach HalmyroS zurückziehen. Da nunmehr der Weg nach Volo den Türken offenstand, so besetzten diese — reiche Kriegsbeute machend — am 8. Mai diese Hafen stadt, welche bisher der griechischen Armee als Verproviantirungsstätte gediente hatte. Die griechische Flotte, welche am gleichen Tage die Küsten von Epirus und einen Theil des Küstengebietes-des Golfes von Salonichi in Blokadc zustand versetzt hatte, mußte nach der Einnahme Volos durch die Türken den Hafen dieser Stadt verlassen. Die türkischen Siege in Thessalien — welche Edhem Pascha den Titel eines Marschalls der gesummten Opcrutious armee einbrachten — hatten unterdessen auch die Situation in Epirus geändert. Die Türken drängten auch hier die eiugebrocheucn Griechen über die Grenzen zurück, und nachdem die letzten aufrührerischen Banden zersprengt worden waren, schickte sich nach dem 9. Mai die türkische Armee in Epirus zum Uebertritte über die griechische Grenze an. Die fortgesetzten Niederlagen ihrer Truppen hatten die Griechen endlich zu besserer Einsicht gebracht. Nachdem bereits am 4. Mai die Abberufung des Obersten Vassos aus Kreta — dessen Blokade unterdessen am 22. April eine räumliche Einschränkung erfahren hatte, um den von Süden kommenden neutralen Schiffen das Passiren der Insel zu erleichtern — erfolgt war, notificirte die griechische Regierung den Mächten die erfolgte Rückberufung von 25 Officieren, zwei Sappeur-Compagnien und 406 Mann Fußtruppen von Kreta und versprach die allmälige Rückberufung der dort befindlichen Truppen in kurzer Frist, gleichzeitig officiöS um Intervention der Machte ansuchend. Nachdem die griechische Regierung die diesfalls von der deutschen Regierung gestellten Bedingungen acceptirt hatte, überreichten die Vertreter der Mächte durch den russischen Gesandten Onu am U.. Mai der griechischen Regierung eine Note, worin sie ihre Bereitwilligkeit zur Intervention unter der Bedingung zusagteu, daß die griechische Regierung erklärte, daß sie zur Abberufung der griechischen Truppen von Kreta schreiten werde und daß sie in formeller Weise der Autonomie Kretas zustimme, sowie, daß sie ohne Vorbehalt die Rathschläge, welche ihr die Mächte im Interesse des Friedens ertheilen werden, annehme. Die griechische Regierung antwortete sofort in zustimmender Weise. Damit war der erste Schritt zur Beendigung des türkisch-griechischen Krieges und zur wirklichen Pacificirung Kretas gegeben, und Griechenland accommodirte sich vollends den Wünschen der Großmächte, was, wenn anderthalb Monate früher geschehen, Griechenland vor schlimmen Enttäuschungen, schweren Niederlagen auf dem Schlachtfelde und für das finanziell deroutirte Land kaum zu verwindenden pecu- niären Opfern bewahrt hätte. Infolge der griechischen Annahme der Mediationsbedingungeu beauftragten die Mächte ihre Botschafter, der Pforte den Eintritt ihrer Vermittlung mit dem Ersuchen um Einstellung der militärischen Operationen bekauntzugeben. Am 18. Mai beantwortete die Pforte diese Mittheilung, indem sie die Einstellung der Feindseligkeiten von der Annahme folgender Grundbedingungen beim Abschlüsse des Waffenstillstandes und Friedens abhängig machte: Bezahlung von 10 Millionen Pfund Kriegsentschädigung; Wiederherstellung der alten Landesgrenze; Erneuerung der Verträge für die griechischen Unterthanen in der Türkei auf Grund des internationalen Rechtes; Abschluß einer Cartellconvention für die Auslieferung gemeiner Verbrecher, ferner die Freilassung der Häfen von Volo und Prevesa für den Verkehr mit Beginn des Waffenstillstandes. Trotz der Uebernahme der Mediation durch die Mächte fanden die kriegerischen Maßnahmen beiderseits ihre Fortsetzung; die Türken setzten ihre Operationen gegen Domokos fort, und die Griechen überschritten von Neuem die Grenzen
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