Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

89 nahmen die Großmächte die Sache energischer in die Hand und einigten sich auf Ncformvor- schläge, welche sie dem Sultan unterbreiteten. Am 28. August 1896 erschien dann ein kaiserlicher Jradv, welcher die von den Botschaftern vereinbarten Zugeständnisse für Kreta sanctionirte. Die kretensische Nationalversammlung nahm nach einem mit der revolutionären Versammlung erzielten Einvernehmen den Jrads des Sultans an, und wurde dann deren Session am 6. September 1896 geschlossen. Am 10. September 1896 erfolgte die amtliche Kundmachung der türkischen Zugeständnisse für Kreta. Da jedoch die türkische Regierung mit der Durchführung der versprochenen Reformen zögerte und speciell die zugesagte Reorganisation der Gendarmerie keinen Schritt nach vorwärts machte, so brach der nie ganz erloschene Anfstand mit erneuerter Heftigkeit los. Der Antrag auf eine internationale Blokirung Kretas kam auf die Tagesordnung, doch nahmen die diesfälligen Verhandlungen einen überaus langwierigen Verlauf. Am 3. Februar 1897 brach auch in Canea der Anfstand mit elementarer Gewalt los, dreiviertel der Christenquartiere wurden ein Raub der Flammen. Am 8. Februar 1897 entsendete Griechenland die Kriegsschiffe „Hydra" und „Miaulis", sowie drei Torpedoboote zum Schutze der griechischen Unterthanen nach CaNea, und am 9. folgte Prinz Georg mit sechs weiteren Torpedobooten, um die Landung türkischer Truppen auf Kreta zu verhindern. Angesichts dieser Vorkommnisse beschlossen die Admirale der vor Kreta kreuzenden europäischen Flotte, Canea, Herakleion und Relhymnv durch Mannschaften ihrer Schiffe besetzen zu lassen und eine Action griechischer Schiffe eventuell uüt Gewalt hintanzuhältcu. Am 13. Februar 1897 landeten mit Zustimmung der türkischen Behörden je 100 russische, französische, englische und italienische, sowie 30 österreichische Soldaten in Canea, woselbst die Flaggen dieser Großmächte gehißt wurden. Am selben Tage landeten aber unter Commando des Obersten Vassos auch 4 griechische Bataillone sammt Nebentruppen in Platania bei Canea mit dem Befehle, die Insel im Namen des Königs von Griechenland zu besetzen, die Türken von den festen Plätzen zu verjagen und eine Proclamation betreffs der Occnvatwu zu publicircn. Am 17. Februar 1897 besetzten die Truppen der Großmächte, welch letztere ihre vor Kreta kreuzenden Schiffe vermehrt hatten, Herakleion, Rethymno und Sitra. Am 2. März 1897 richteten Oesterreich - Ungarn, Deutschland, Frankreich, Italien, England und Rußland an die griechische Regierung ein Ultimatum, welches den Abzug der griechischen Truppen aus Kreta binnen 6 Tagen verlangte. Als dieses Verlangen unerfüllt blieb und Griechenland das Ultimatum mit einer aus- weichenden Note beantwortete, schritten die vor §rW Kcorq vo» Äricchcntmid. Kreta verankerten Kriegsschiffe der Großmächte zur Blokade Kretas, deren Beginn auf den 2!. März 1897, 8 Uhr Früh, angesetzt wurde. Unterdessen dauerten auf Kreta die Kampfe zwischen den feindlichen Parteien unvermindert fort, so daß die Landungstruppen der Großmächte wiederholt Gelegenheit fanden, thätig einzugreifen. Auch die fremden, vor Kreta verankerten Kriegsschiffe — die griechische Flotte war bereits am 19. März 1897 von Canea abge dampft — kamen wiederholt in Action, und zeichneten sich diesfnlls die österreichischen Schiffe durch besonders energisches Vorgehen aus. Ein vom griechischen Gesandten Prinz Maurocordato in Constantinopel gemachter Vermittlungsvorschlag, durch welchen Griechen-

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