88 Metgien. Die im Juli 1898 vollzogenen Wahlen in die belgische Kammer haben erwiesen, daß die einst im Lande so mächtige liberale Partei fast ihren ganzen Anhang verloren hat; sie ist im Parlamente nur mehr durch schwache Trümmer ihrer einstigen Herrlichkeit vertreten. Dagegen hat die katholische Partei im Parlamente nicht nur ihre Position behauptet, sondern sich darin zu einer souveränen Mehrheit ausgestaltet, deren gefährlichste Gegner dermalen die Socialisten geworden sind, welche in den weiten Volksschichten immer größeren Einfluß gewinnen. Am 10. Mai 1897 wurde die bereits am 24. April officiös eröffnete Weltausstellung (Exposition Universelle) in Brüssel auch officiell eröffnet. Sie zeigte in der Anlage des Brüsseler Theiles der Ausstellung — außer in der Stadt war nämlich noch ein beträchtlicher und speciell sehenswerther Theil, die Cylonialausstellnng, in dem etwa eine halbe Stunde Bahnfahrt entfernten Parke des 1879 abgebrannten königlichen Lustschlosses Tervueren untergebracht — schon die Hand eines genialen Architekten und in der Wähl des Platzes einen überaus glücklichen Blick. Sie nahm aber auch als Ausstellung, das heißt als eine Vereinigung der bemerkenswerthesten zeitgenössischen Kunst- und Jndustrieerzeugnisse und als eine Sammelstelle zahlreicher und erlesener Belehrungs- und Unterhaltungsmittel, nach Reichhaltigkeit der Beschickung, Größe ihrer Abmessungen, Ueber- sichtlichkeit der Anordnung, Schönheit des Aufbaues und der natürlichen Lage einen außerordentlich hohen Rang ein. Den Hauptanziehungspunkt des vergnüglichen Theiles der Ausstellung bot das sogenannte Quartier Bruxelles-Kermesse (Alt-Brüssel); auch sonst ivar für die Unterhaltung der Besucher trefflich gesorgt. Restaurants und Cafäs aller Art gab es in großer Zahl, und man konnte nicht über allzu hohe Preise klagen. Auch gab es ein Alpen- panorama mit deutscher Wirthschaft, Marineschauspiele im Park von Tervueren, einen Fesselballon und eine Fontaine lumineuse, ferner Feuerwerke, Illuminationen, Sportübungen, Concerte rc. Schweiz. Ende Juni 1898 kam es wegen eines des Mordes verdächtigten Italieners in Zürich zu einem blutigen Excesse Schweizer Bürger gegen dort arbeitende und ansässige Italiener; italienische Wirthschaften wurden demolirt, Italiener schwer bedroht und auch körperlich verletzt, und nur das Einschreiten von Militär vermochte den Excessen nach mehrtägiger Dauer ein Ende zu bereiten. Kürkei und Griechenland. Das wichtigste Moment aus der Geschichte dieser beiden Staaten in der Berichtsperiode bildet der aus den kretensischen Wirren hervor- gegangene türkisch-griechische Krieg. Die Wirren auf Kreta nahmen ihren unmittelbaren Ausgangspunkt von den blnligcti Ereignissen, die sich am 23. und 24. Mai 1896 im Sandschak Canea abgespielt haben. Von diesem Momente an war der Kampf auf Kreta in Permanenz, wobei auf christlicher Seite die Epjtropie die führende Rolle inne- hatte. Um eine Pacificirung der Insel zu ermöglichen, erwirkten die Botschafter der sechs Großmächte vom Sultan die Znsicherüng einer allgemeinen Amnestie und die Unterbreitung des Vertrages von Halcpa als Regierungsvorlage in dein einzuberufenden kretensischen Landtage. Eine Proclamation sagte denn auch die Wiederherstellung des Vertrages von Halepa zu, wogegen die Constln der Mächte auf die Epitropic in dem Sinne einwirkten, daß die kretensischen Christen die türkischen Zugeständnisse annahmen. Da aber die Kämpfe auf Kreta fort- dauerten, flüchteten sich die christlichen Deputirten nach Athen, wobei eine Versammlung der revolutionären Vereinigung die Proclamation der Vereinigung Kretas mit Griechenland in Aussicht nahm. Der Intervention der Botschafter der Großmächte gelang es jedoch, die christlichen Deputirten zur Rückkehr nach Kreta und zum Eintritte in die Nationalversammlung zu bewegen, welche am 13. Juli 1896 sich constituiren konnte. Am 10. August 1896 ernannte die Epitropic eine provisorische Regierung für Kreta und constituirte eine revolutionäre kretenstsche Nationalversammlung. Einigen griechischen Officieren gelang cs, sich in Kreta einzuschmuggelu. Nun
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2