69 sitionsparteien veranlaßte diese Parteien, iin Wege einer wohldurchdachten und energischen Obstruc- tioustaktik die Weitereparlamentarische Thätigkeit des Abgeordnetenhauses lahmznlegcn und dadurch insbesondere die Annahme der clerical- föderalistischen Adresse der Majorität zn hinter treiben. Die Ueberzeugung, daß es ihr nicht gelingen werde, ihre Adresse gegen den Willen der deutschen Opposition durchzubringen, bewog die Majorität, von der Berathnng dieser Adresse im Plenum abznsehcn und eine diesfällige Er klarung durch Ritter v. Jaworski abzugeben, worauf Ministerpräsident Graf Badeni die Session des Reichsrathes für geschlossen erklärte. ivas nach eonstitutionellem Gebrauche die Besetzung des Präsidiums des niederösterreichischen Landtages durch Mitglieder der antiliberalen Parteien zur Folge hatte. Als Landmarschall wurde dcmüach im December 1896 Josef Freiherr v. Gudenus, als dessen Stellvertreter der Bürgermeister von Wien, Josef Strobach, berufen. Das Präsidium der Wiener Gemeindever- tretnng erfuhr in der Berichtsperiode die bereits bei der Wahl Josef Strobach's zum Bürgermeister beabsichtigte Umwälzung. Am 31. März 1897 erfolgte die Demission des Bürgermeisters Josef Strobach/ am 8. April wurde Dr. Karl Kranz Schubert. Es war dies am 2. Juni; noch vorher hatte, das Herrenhaus am 20. Mai die von der Rechten und der Mittelpartei beantragte, auch die Spra- chenverordnungen billigende Adresse angenommen, und der Wiener Gcmeinderath in der Sitzung vom 19. Mai eine Adresse an den Kaiser beschlossen, welche in dem Schlußsätze gipfelte, Se. Majestät geruhe anzuordnen, daß unter Aufhebung der für Böhmen und Mähren erlassenen Sprachenverorduungen die Sprachcn- frage in Oesterreich im Gesetzgebungswege geregelt werde. Zur Ueberreichung dieser Adresse ist es jedoch bis zum 30. Juni nicht gekommen. In die niederösterreichische Landesstube zog infolge des Ausfalles der letzten Laud- tagswahlen eine antilibcrale Majorität ein, ^Lueger mit 93 von 132 abgegebenen Stimmen zum Bürgermeister derReichshanpt- und Residenzstadt Wien gewählt und am 16. April in dieser seiner Eigenschaft von Sr. Majestät dem Kaiser bestätigt. Am 20. April erfolgte dann im großen Festsaale des Rathhauses die Beeidigung des neuen Bürgermeisters in besonders feierlicher Weise, unter Betheiligung der Genossenschaftsvorsteher und der freiwilligen Fenerlvehren, und am Abende dieses Tages waren viele Häuser Wiens, besonders in Margarethen, dem Wohnbezirke Dr. Lueger's, festlich beleuchtet. Zum I. Vicebürgermeister wurde an Stelle Dr. L n e g e r's Josef Strobach gewählt. Unter allseitiger warmer Theilnahme der Bevölkerung beging das Wiener Hausregiment,
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