Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

66 Waldeck-Pyrmont (3. bis 14.Mai 1897), sowie des Königs Alexander von Serbien (Mai 1897) zu gedenken. Auch sei an dieser Stelle der Besuch des Königs Chulalongkorn von Siam erwähnt, welcher Herrscher, nachdem er mit den drei königlichen Prinzen Svasti Sobhana, Svmmot und Chira am 17. Juni 1897 in Jschl für einige Tage Station genommen, am 22. Juni in Wien eintraf und hier bis 26. Juni verblieb. Von besonderer politischer Bedeutung war nach dem Besuche des Kaisers von Oesterreich in Bukarest (28. bis 30. September 1896) der Aufenthalt Kaiser Franz Josef's I., in Beglei- tung des Erzherzogs Otto, vom 27. bis 29. April 1897 in Petersburg. Hier wurde das vollständige Einvernehmen der beiden Kaisermächte in allen Balkanfragen herbeigeführt, dessen erste Emanation die identischen Noten waren, welche die beiden Minister des Aeußern, Graf Goluchowski und Graf Murawiew, am 29. April aus Petersburg an die österreichischungarischen, resp, russischen Vertretungen in Belgrad, Sofia, Bukarest und Cettinje richteten des Inhaltes, der zwischen Ihren Majestäten dem Kaiser Nikolans und Kaiser Franz Josef stattgehabte Gedankenaustausch habe beiden Souveränen Gelegenheit geboten, mit Befriedigung die correctc Haltung festzustellen, welche die Regierungen dieser Länder in der gegenwärtigen Phase in der europäischen Türkei bewahrten. Diese Haltung entspreche umsomehr den Wünschen beider Souveräne, als die letzteren fest entschlossen sind, den allgemeinen Frieden, das Princip der Ordnung und den 8tatus guo aufrechtzuerhalten. Die Beziehungen zwischen Eis- und Trans- leithanien nahmen in der Berichtsperiode einen etwas gespannten Charakter an. Nachdem die Verhandlungen der beiderseitigen Regierungen über die Erneuerung des Ausgleiches lange Zeit zu keiner vollständigen Uebereinstimmung führen wollten und nachdem das österreichische Abgeordnetenhaus den Dringlichkeitsantrag des Abgeordneten Dr. Pattai, daß das Zoll- und Handelsbündniß mit Ungarn sofort zu kündigen sei, am 16. November 1896 angenommen hatte, erfolgte am 28. November 1896 die Kündigung dieses Bündnisses durch Ungarn. Die von den | beiden Parlamenten eingesetzten QuotendeputaDie entsetzliche Katastrophe, welche am 4. Mai 1897 ganz Paris in tiefe Trauer versetzte, der Brand des Wohlthätigkcitsbazars in der Rne Jean Goujon, brächte auch unserem KaisWause schweres Leid, da sich unter den Opfern auch die Herzogin von Alensvn, eine jüngere Schwester der Kaiserin von Oesterreich, befand. Sophie Charlotte Auguste Herzogin vonAlenxon war die jüngste von den fünf Töchtern des Herzogs Max in Bayern, die Schwester der 1890 verstorbenen Erbprinzessin Helene von Thurn und Taxis, der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, der Königin Mari a von Neapel und der Gräfin Mathilde v. Trani, ferner des Herzogs Karl Theodor in Bayern, des Herzogs Ludwig und des 1893 gestorbenen Herzogs Max Emanuel. Sie wurde ant 22. Februar 1847 in München geboren und im Sommer 1868 mit König Ludwig II. von Bayern verlobt. Nachdem diese Verlobung nach kurzem Bestände von Seite des bekanntlich geistig leidenden Königs plötzlich rückgängig gemacht worden war, vermählte sich Herzogin Sophie am 28. September 1868 zu Posscnhofcn mit dem Herzoge von Alenxon, dem zweiten Sohne des in England im Exil lebenden Königs Louis Philipp. Der Tod der Herzogin war einer Heldin würdig; im Augenblicke des Feuerausbruches aufgefordert, sich zu retten, hatte sie hierauf nur die Antwort: „Gehen Sie schnell voraus, machen Sie sich meinetwegen keine Sorge!" Dies waren die letzten Worte der Herzogin, und während sie mit unbeschreiblicher Kaltblütigkeit Anordnungen zur Rettung ihrer Umgebung traf, prasselte das Feuer bereits in ihrer nächsten Nähe. Die auswärtige Politik Oesterreichs bewegte sich in dem bewährten Rahmen. Der Dreibund stand nach wie vor unerschüttert fest, und die Beziehungen zu den übrigen Mächten waren die denkbar besten. Für die freundschaftlichen Beziehungen zu den übrigen Staaten Europas sprechen auch die verschiedenen Besuche fremder Herrscher in Wien und unseres Kaisers in fremden Residenzen. Wir haben hier der Besuche des russischen Kaiserpaares (27. bis 29. August 1896), des Kaisers von Deutschland (21. und 22. April 1897), der Königin Wilhelm ine von Holland und ihrer Mutter, der Königin-Rcgentin Emma, geb. Prinzessin von

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