Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1898

59 Am nächsten Morgen in aller Frühe fand im nahen Wäldchen das Duell zwischen dem Lieutenant von Stein und dem Assessor Erich Werner statt. Die schärfsten Bedingungen, dreimaliger Kugelwechsel mit Avaneiren, waren von den Duellanten acceptirt worden. Werner's Sceundant hatte diesen allerdings darauf aufmerksam gemacht, daß der Lieutenant als der beste Pistolenschütze im Regiment bekannt sei. „Ich schieße ebenso sicher wie der Lieutenant", meinte der Assessor düster, obwohl er wußte, wie unsicher seine Hand war. Die Duellanten zielten. Die ersten Kugeln verfehlten ihr Ziel. Der Lieutenant zielte jetzt scharf von unten herauf. Die Secnndanten sahen es seinem Gesicht an, daß er todten wollte, und die Männer erbebten. „Zwei!" Ein leiser Aufschrei — und Erich Werner sank tödtlich getroffen zu Boden. „Mutter — vergib!" das waren seine letzten Worte. Wetten? Humoreske von A. von MckroggcNachdruck verboten. — Sonnenschein! — Frühlingsluft! — Wie herrlich!—" jubelte Asta von Herben, des Commandanten liebliches Töchterlein und blickte beseligt zum blauen Himmel hinauf, der durch die in lichtem Grün schimmernden Baumkronen des Parkes freundlich zu ihr hernieder lachte. „Und heut' kommt er —!" Sie breitete voll Lust die Arme aus, als wollte sie tu ihrem Glück die gauze Welt umfangen. „Doch nicht hier, auf meinem Lieblingsplatz soll er mich wieder finden. Dort, wo wir vor drei langen Jahren weinend von einander Abschied nahmen, soll mich sein Auge suchen, der Blick zuerst erschauen. Auch er wird dorthin seine ersten Schritte lenken. Drum schnell, damit ich vor ihm dort bin!" Den Hut am Arme, flog sie, ein lustig Liedchen trällernd, die verschlungenen Wege entlang. Ganz am Ende des ausgedehnten Parkes standen im Schatten einer breitästigen Linde Bank und Stühle um einen mächtigen Tisch gruppirt. An diese Stelle eilte Asta. Es war ein wonniges Plätzchen, so recht zum Kosen und Plaudern geeignet. Durch die knospenden Blätter der Linde stahl sich goldener Frühlingssonncnscheiu. SprosscudcrRasen deckte den Boden, den Hintergrund füllten dichte Sträucher. Kaum zehn Schritte weiter rauschte der Fluß vorüber. Seine im Sonnenlichte glitzernden Wogen badeten plätschernd das schilfbewachsene Ufer. Ueber das Wasser hinüber schweifte der Blick zu bewaldeten Höhen. Asta umschlang schmeichelnd den riesigen Stamm des Baumes. „Du alter, trauter Gesell," rief sie, „Du verschwiegener Zeuge meines Leides, meiner stillen Träume, all meiner Sehnsucht und Thränen, freue Dich, heute sollst Du an meinem Glück theilnehmen dürfen ■—!" Sie ließ sich anf die Bank nieder. Das blonde Haupt weit zurückgelehnt, die Hände im Schoße verschlungen, träumte sie still vor sich hin, während der sinnende Blick der braunen Angen dem Spiele der Wellen folgte.

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