46 Träumen aufgeschreckt, fuhr der Graf empor und umschlang mit beiden Armen des alten Mannes Hals. „Vater — Du — Du gibst ihr dieses Wort zurück, Du fährst hin zu ihr, gleich auf der Stelle, Du klärst diesen unseligen Irrthum auf, Du nimmst meine Partei, sagst, um so einer Thorheit willen dürfe das Glück zweier Menschenherzen nicht verscherzt werden!" bettelte der junge Mann in zärtlichem, doch leidenschaftlichem Tone. „Und Du meinst, das nütze? Barbara ist ein äußerst fester Charakter, hart wie Stahl in Bezug auf Recht und Pflichterfüllung," gab der Oberst, den Pflegesohn scharf durch das Glas beobachtend, ruhig zurück. „Aber, mein Himmel, es liegt ja nur au Dir, die ganze Geschichte für einen harmlosen Spaß zn erklären, ihr zu versichern, Du habest sie für etwas Anderes nie gehalten!" rief Niko, indem er jetzt wie elektrisirt emporsprang. „Hier' Väterchen, ist Dein Paletot, Dein Hut und Stock; ich bringe Dich bis zu einer Droschke!" „Und Dn?" fragte der alte Herr lauernd. „Ich? — Ich werde in einer halben Stunde — nachkommen", sagte er zögernd. „Topp! Aber ich sehe, mein Junge, Du bist ein Filou!" Baron Donnersberg und Barbara standen Hand in Hand im Boudoir der schönen Frau. Eine sichtbare Rothe um die blauen Kinderaugen verrieth, wie diese geweint hatten, allein der so ahnungsvolle, selige Zug um die frischen Lippen deutete durchaus nicht auf tiefen inneren Schmerz. „Graf Lumen!" meldete der Diener. Ueber das joviale Gesicht des alten Herrn glitt ein vergnügtes Schmunzeln, imd indem er seine große Rechte den kleinen Fingern rasch entzog, schlich er auf 'den Zehenspitzen bis zur Thür des Nebenzimmers. „Onkel, Herzensonkel, gehe nicht fort!" bat Barbara atheMlos, wobei sie Miene machte, zu folgen. „Pst, dageblieben!" damit verschwand er hinter der Portiere. Die Hände gegen die hochwogende Brust gepreßt, mit schimmernden Augen, starrte die schöne Frau dem eintretenden Gast entgegen, welcher wortlos, mit gesenktem Haupte, vorwärts kam. Aber nur wenige Secunden dauerte jene bedrückende — herzbeklemmende Stille - dann brach es wie helle Jubeltöne aus Beider Brust: - „Niko!" „Barbara!" — und fest hatten sich die Liebenden auch schon umschlungen, während die zitterndenFrauenlippen leise flüsterten: „Du bekommst ein thörichtes, eigenwilliges Weib, Niko!" „Einen Engel, der Alles opfert, um einen armen Mann zn freien!" cnt- gegnete er und preßte die schöne Gestalt leidenschaftlich an seine Brust. „Ja, Alles, mitFreuden!" sagtesiefest. „Auch die Zuckerzange?" Onkel Donnersberg war es, der, den Kopf durch die Portiere steckend, diese launige Frage stellte. „Natürlich, auch sie, ich hasse dieses Ungethüm!" rief Barbara mit Schelmen- lachen und zog den Geliebten zu dem Onkel hin.
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