41 Bemerkung hierüber verabschiedete er sich rasch mit seinem Pflegesohne. Für die junge Witwe war der Rest des Abends in Unruhe vergangen, und auch zur Nachtzeit wollte diese nicht weichen. Bald träumte ihr, sie sei noch ein junges Mädchen und auf der Freitreppe des Lützow'schen Schlosses führte ihr der verstorbene Gatte Nikolaus Lieven mit den Worten entgegen: „Diesen da hast Tu ja doch schon vor mir geliebt!" Bald sah sie im Traume den jungen Dann war es Mittag geworden, immer näher rückte die Stunde, wo ihre, für das Diner geladenen beiden Gäste erscheinen sollten. Noch niemals hatte Frau Barbara ihr ganzes Denken und Sein so in Aufruhr versetzt gefühlt. War das das Glück, jenes himmcl- anstürmende, ahnungsvolle Glück, von dem die Dichter und Leute, welche Bücher schreiben, stets so viel zu sagen wußten? So dachte sie beklommen beim Nieder- bengen zu den Blumen und pflückte ein Seemann mit übermenschlicher Anstrengung gegen die Gewalt der hvchwvgen- den See ankämpfen und leise, sehnsüchtigen Klagen ähnlich, hörte sie deutlich seine Stimme: , „Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen!" Mit schwerem Angstgefühl und starkem Herzklopfen erwachte am anderen Morgen die junge Frau. Aber alle Unruhe war mit einem Schlage genourmen, als sie auf dem Frühstückstische ein wunder- volles Arrangement köstlich duftender Frühlingsblumen fand. Keine Visitenkarte, kein Briefchen war der Spende beigefügt und dennoch - dennoch —! Zweigleiu der duftenden Maienblüthen ab, das sie an ihre Brnst befestigte. Da - mein Gott, was sollte das heißen - ein Brief, eine Absage —? Auf silberner Platte überreichte ihr der Diener ein Billet. „Das ist soeben für Ew. Excellenz abgegeben worden!" lautete der monotone Bescheid. „Woher - wer brächte es?" stammelte sie, sich mühsam fassend. „Aus dem Hütel de Rome, Ew. Excellenz!" Kaum hörte Frau Barbara darauf und sah auch nicht den Diener das
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2