40 Laufbahn ein Ziel gesetzt wurde, vermochte er mit brechendem Auge nur noch zu flüstern: „Dank — hab' Dank, Barbara! Du verdienst einst noch — ein großes — großes Glück!" —- -------------------------------- Drei Tage nach jenem mit ihrem Onkel, dem Oberst von Donnersberg, verlebten gemüthlichen Theeabend, schritt Frau Barbara in sichtbarer Hast durch ihr vom gvldigeu Glänze einer warmen Herbstsonne, erhelltes, blumenduftendes Boudoir. Die runden Wangen der schönen Frau prangten an diesem Vormittage, während sie ihre Promenade zuweilen unterbrach, in tiefstem Purpur. Mit seligem Lächeln beugte sie sich über ein Blumenarrangement von größter Schon heit, dessen kräftiger Duft das ganze Zimmer erfüllt hatte. „Niko — Niko — Nikolaus!" kam es dabei wie leiser Frühlingshauch über die rosigen Lippen. Nach sieben laugen - endlos langen Jahren waren Barbara Otterstein und Graf Lieven sich gestern, hier auf dieser Stelle, das erste Mal wieder begegnet. Onkel Dvnners- berg hatte in seiner ungezwungenen Art gescherzt und gelacht. Bvm Hundertsten kam er ms Tausendste und machte oftmals einen ganz vorzüglichen Witz. Der jüngere Gast, der den Arm noch in der Binde trug, sonst aber, den schwer- müthigen Blick der Augen auSgenonnuen, kaum verändert war, hatte in gewandter und weltmännischer Weise in "die Con- versativn eingegriffen, bald von seinen Reisen, bald von seinem Aufenthalte in den Tropen erzählt. Barbara folgte den interessanten Schilderungen mit großer Aufmerksamkeit; sie war, wie immer, voll Liebenswürdigkeit. Nur schien an ihr eine^verlegene Zurückhaltung bemerkbar. So war der gestrige Besuch zufriedenstellend für alle Betheiligten ausgefallen, 1 obgleich die Gemüther dieser drei Menschen ! keineswegs ganz unbefangen waren, sou-j dern durch irgend etwas Unerklärliches bewegt wurden. Baron Donncrsberg, dessen scharfem Blicke das seltsame Strahlen in den Augen seiner Nichte, wie das verklärte Gesicht des Pflegesvhnes nicht entging, mußte einen besonderen Grund gehabt haben, die Unterhaltung nie stocken zu lassen, sondern sie immer mit feinem 'Lakt wieder ins Fahrwasser zu bringen. War ihm das gelungen, so betrachtete der Oberst die verschiedenen Phvto- gramme, welche ihm sicherlich nicht fremd waren, mit ausfallendem Interesse, als ob er sie zum ersten Male im Leben in die Hand bekommen. So ein alter, überflüssiger Onkel hat gar nicht nöthig aufzupassen, ob zwei junge heißblütige Menschenkinder sich gelegentlich einmal wieder in die Augen schauten, so mochte er wohl denken. Auch beim Abschiede, nachdem Bar- bara die Herren für den nächsten Tag zu Tisch gebeten hatte und mit mädchenhafter Schüchternheit dem Grafen die Hand reichte, stand der Oberst in der entgegengesetzten Ecke des Zimmers und studirte die blau und grau emaillirten Kacheln des altdeutschen Ofens so eingehend und genau, als müßten sie eine ganz besondere große Merkwürdigkeit sein. Deshalb entging ihm denn auch, wie Graf Lieven die kleinen Finger der reizenden Hausfrau ein paar Secunden länger, als es Sitte ist, zwischen den seinen hielt und gedämpften Tones äußerte: „Beim Scheiden ,auf Wiedersehen!' zu sagen, sind Worte, anf welche der Seemann stets eine fast abergläubische Bedeutung legt. Wenn ich dieselben Worte heute hier, nachdem ich mein Leben den unsicheren Elementen nicht mehr preiszugeben nöthig habe, ebenfalls besonders scharf hervorhebe, so deuten Ew. Excellenz sie gütigst wie ich als ein gutes Omeu für die Zukunft!" Als Oberst von Donnersberg sich umgewandt und näher getreten, sah er Barbara's schönes Antlitz hocherröthet' und verklärt. Aber ohne irgend welche
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