Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1897

116 gegründete Fachschule für Metall-Industrie in Vulpmes (Tirol) versitzt. Derselbe war auch ein eifriges Mitglied des Turnvereines in Steyr und sein Scheiden aus Steyr wurde daher in weiten Kreisen der Bevölkerung schmerzlich empfunden. Am 16. December hielt in Wien die. — Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft unter dem Vorsitze des Verwaltungsraths- Vicepräsidenten Dr. Joh. Hochhäuser ihre 26. ordentliche Generalversammluna ab, an welcher 36 Actionäre in Vertretung von 11.925 Actien mit 477 Stimmen theilnahmen. Von der Verlesung des bereits veröffentlicht gewesenen Jahresberichtes wurde Umgang genommen. Demselben war zu entnehmen, dass im abgelaufenen Geschäftsjahre 97.491 Stück Gewehre und Carabiner und 600.000 Stück Gewehrbestandtheile fertig gestellt wurden. In Bestellung blieben 1592 Stück Gewehre und Carabiner, wozu noch 75.000 Stück neubestellt wurden. Anläßlich der neueingeführten Fahrrad - Fabrication wurden an Vorauslagen 60.902 fl. 62 kr. für Bausührungen, Maschinell und Werkzeuge verausgabt. Die Resultate dieses neuen Industriezweiges waren schon im ersten Geschäftsjahre befriedigend. In Italien und Griechenland hat die Waffenfabrik diesbezügliche Filialen errichtet. Als ein weiterer neuer Industriezweig wurde die Fabrication der Zeilengießmaschine „Monoline" eingeführt und das ausschließliche Fabricationsrecht für Oesterreich-Ungarn und die Balkanländer bei der Monolith composing Compagnie in Washington gesichert. Sowie bei der Fahrrad-Erzeu- gung wurde auch für diese Arbeit die Ein- theilung so getroffen, daß die Waffenfabrication hiedurch nicht im geringsten beirrt wird. Der erzielte Reinertrag betrug 414.375 fl. 60 kr., wovon 150.000 fl. zur Einlösung des am 1. Juli fällig gewesenen Coupons mit 5 fl. per Actie verwendet wurden. Der Verwaltungsrath beantragte, mit dem Reste den am 1.Jänner fällig werdenden Coupon mit 7 fl. per Actie einzulösen und dem Arbeiter -Unterstützungs- und Jnvalidenfonde 15.000 fl. zu widmen. Diese Anträge wurden einstimmig angenommen und dem Verwaltungsrathe nach Entgegennahme des vom Aetionär Johann Scholz erstatteten Revisionsberichtes einstimmig das Ab- solutorium ertheilt. Die ausscheidenden Verwaltungsräthe Dr. Johann Hochhäuser und Baron Max Jmhof wurden, sowie der bisherige Revisions-Ausschuß, wiedergewählt. In Steyr starb am 16. December Frau Anna Schaffner, geborne Gschaider, Bezirks- Vorstehers-Witwe, in ihrem 59. Lebensjahre, eine in-allen Kreisen dcr Stadt hochgeschätzte Dame. Dieselbe war die Schwiegermutter des k. k. Bezirkshauptmannes Dr. Ritter v. Pitner in Braunau und des Revidenten der k. k.Stoats- bahnen Franz Geyer. Mitte December legte der Bürgermeister von Bad Hatt Postmeister Josef Bau mgartner seine Stelle als Gemeinde-Vorsteher nieder. Die Ablehnung eines Vertragentwurfes behufs Einführung der elektrischen Beleuchtung durch die Majorität der Gemeinde-Vertretung war die Ursache dieses von vielen Bewohnern Bad Hall's aufrichtig bedauerten Schrittes. Die Bürgermeister^Neu- wahl am 11. Jänner verlief resultatlos, worauf der Gemeinde-Ausschuß von der Statthalterei für aufgelöst erklärt wurde. .Die einstweilige Besorgung dcr Geschäfte würde im Einvernehmen mit dem Landes-Ausschusse bis zur Einsetzung einer neuen Gemeinde-Vertretung dem zurückgetretenen Gemeinde-Vorsteher Josef Baum- gartner übertragen. Nach der am 18. Mai statt- gehabten Neuwahl des Gemeindcrathes fand am 30. Mai die constituirende Versammlung desselben statt. Bei der Wahl des Bürgermeisters ergab sich Stimmengleichheit zwischen den Ausschüssen Postmeister Baum gart n er und Drechslermeister Mayrhöfer, worauf, nachdem Ersterer erklärt hatte, eine Berufung durch das Loos abzulehnen, Letzterer zum Bürgermeister gewählt wurde. Die Gastwirthe Mitter und Post lmayr wurden zu Gemeinderäthen gewählt. Der frühere langjährige Bürgermeister Baumgartner erhielt von Seite der k. k. Bezirkshauptmannschaft, wie auch der k. k. Statthalterei sehr ehrende Anerkennungsschreiben für seine hervorragend ersprießliche Thätigkeit. In Arco starb am 17. December der Lehrer und Hausbesitzer Alois Pux aus Bad Hatt, der dort vergebens Heilung seines Lungen- leidens gesucht hatte. Derselbe war auch Aus- schuß der Gemeiude-Verlretuug Bad Halles. Mit ihm verlor die Schule einen tüchtigen Lehrer, der Gesangsverein ..Liederkranz" einen wackeren Chormcister. Bezirkeschulinspector Rolleder, 25 Lehrer des Bezirkes, der „Liederkvanz", eine Abtheilung des Veteranen-Vereines, die Schuljugend und eine große Anzahl Leidtragender begleiteten den allseits beliebten Jugendbildner, dessen irdische Ueberreste nach Bad Hall über- führt worden waren, zur letzten Ruhestätte. Am 18. December starb in Sterninghofen die allgemein geachtete Kaufmannsgattin Frau Therese Bauernebl in ihrem 56. Lebensjahre. Ihr Leichenbegängnis gestaltete sich zu einer erhebenden Trauerkundgebung durch die ungemein zahlreiche Betheiligung der Bewohnerschaft SierninghofenS und der benachbarten Orte. In Molltt starb am 21. December Frau Marie Obern dorflnger, gewesene Besitzerin der Dandlmühle Nr. 58, in ihrem 74. Lebensjahre. Dieselbe hatte sich erst circa ein halbes Jahr vorher verehelicht. Der Pfarrprovisor von Kirchdorf P. Kilian Hauenstein kam am 26. December als Pfarrer nach Steyrlmg. Vor seinem Abgänge wurde dem scheidenden Priester eine herzliche Abschiedsfeier bereitet. In Kirchdorf wurde am 28. December der neue Pfarrer Hochwürden ?. Bernhard Maar in sehr. feierlicher Weise empfangen. An der Steiermarkerstraße hatten Ausstellung genommen: Die Kapelle des Vereines der Musikfreunde, der Lehrkörper und die Schuljugend mit Fahnen, der Militär-Veteranen- Verein, die Gemeinde-Repräsentanz, der Orts- schulrath, der Clerus, an der Spitze dcr hochwürdige Abt P. Gerhard Haslroither des Stiftes Schlierbach, und der Landtags-Abgeordnete Huemer. Unter den Klängen der Musikcapelle wurde der feierliche Einzug in die Pfarrkirche gehalten. Der älteste Bürger von Kirchdorf, Hausbesitzer und Nadlermeister Georg H a u s- m a n n i n g e r, starb am 30. December in seinem 84. Lebensjahre. Der Verblichene war eine weit und breit bekannte Persönlichkeit, ein ehrenhafter Charakter, seinerzeit mehr als zwölf Jahre in dcr Gemeinde-Vertretung und langjähriger Sparcasse-Ausschuß. Durch einen Sturz in Folge Glatteises brach sich am 31. December der Ahlenschmied Not haft in Neuzeug den Arm zweimal. Nach den pfarrämtlichen Ausweisen war die Volksbewegung in den beiden Pfarreien Steyr^S im Jahre 1895 folgende: In der Stadtpfarre 195 Geburten (98 Knaben und 97 Mädchens, 58 Trauungen und 143 Sterbefälle. In der Vorstadtpfarre: 272 Geburten (144 Knaben und 128 Mädchen), 69 Trauungen und 271 Sterbesälle. Am 2. Jänner 1896 ist in Steyr einer der —^ populärsten Bürger, Johann Mitter, mit Tod abgegangen. Derselbe wurde am 4. Mai 1821 in Stepr geboren und hat im Jahre 1850 von seinem Vater Josef Mitter das Schwert- schmied-Geschäft übernommen, welches er mit Sachkenntniß fortfüürte, so dass ihm in dem Kriegsjahre 1859 Armeelieferungen anvertraut wurden. Das Ehrenschwert, welches die Stadtgemeinde Steyr dem Marschall R a d e tz k y widmete, wurde von seiner kunstgeübten Hand geschmiedet. Vom Jahre 1859 bis 1889 war cr Hammerwerks- und Schleiferei-Besitzer und Lieferant der Waffenfabrik. Seit dem Jahre 1889 hatte er sich zur Ruhe gesetzt. — Johann Müter, der seinen Kindern ein braver Vater war, zeichnete sich durch unerschöpflichen Humor aus, der ihn bis zu seinem Lebensende nicht verließ, und durch seinen nie versagenden, stets schlagfertigen Witz war er in den weitesten Kreisen fast sprichwörtlich geworden. Bekanntlich verband den Verblichenen langjährige Freund- nl)aft mit dem verstorbenen Gencraldircctor ^vsef Werndl und eine Unzahl heiterer Anet- boten aus jener Zeit leben heute noch im Munde der Steyrer fort. — Der Dahin- gegangene war auch Ehrenmitglied und seinerzeit Commandant des Bttrgercorps und Ehrenmitglied des Vcteranenvereines. Ju diesem Winter eröffnete Ottomar Janetschek, Besitzer des Sliefvatergutes in Jägerberg bei St. Ulrich, eine Eis lausig bahn, die elektrisch beleuchtet war und sich eines lebhaften Zuspruches erfreute. K. k. Notar Dr. Johann Reifer verließ am 2. Jänner Kirchdorf, um seinen neuen Posten in Schärding anzutreten. Derselbe gehörte in ersterem Orte dem Ortsschulrathe, der Liedertafel, dem Musikvercin und dem Turnvereine an, die dem Scheidenden ein herzliches Valet bereiteten. Am 2. Jänner wurde die am Triesmayr- gute zu Molltt bedienstete Magd Marie Baminger von abstürzenden Balken erdrückt. In Folge eines Schlaganfalles starb am 4. Jänner in St. Ulrich der Besitzer des Kammermairgutes Franz Staffelmayr in seinem 65. Lebensjahre. Derselbe gehörte zu den angesehensten Grundbesitzern der Gemeinde. Der schneereiche Wimer dieses Jahres begünstigte die in vielen Orten des Bezirkes stattgehabten S ch l i t t e n r e n n e n. Auch jenes, das der Rennverein Steyr am 5. Jänner auf dem Stadelmayrfelde veranstaltete, fand bei schönstem Wetter und guter Bahn statt und nahm einen recht animirten Verlauf. Statutengemäß fand am 5. Jänner im Hotel „Schiff" zu Steyr die Jahresversammlung der Freiwilligen Feuerwehr statt. Dieselbe war von circa 200 Mitgliedern besucht. Der Obercommandant Lang eröffnete dieselbe mit einer herzlichen Begrüßung und brächte sodann den umfangreichen, beifälligst aufgenom- menen Jahresbericht zur Verlesung. Demselben war zu entnehmen, daß die Thätigkeit dcr Feuerwehr nicht oft zur Bekämpfung eines Feuers in Anspruch genommen, zur Schulung und Ausbildung der Mannschaft aber recht fleißig gcübt wurde; es wurden nicht weniger als 69 Ab- theilungs- und 2 Gesammtübnngen abgehalten. Der Feuerwehrfond betrug ungeachtet bedeutender Neuanschaffungen 1071 fl. 48 kr. Der Unterstützungsfond beziffert sich mit 4418 fl. 82 kr. (350 fl. Renten). Zum Dampfspritzen- fonde wurde 40 fl. 55 kr. gespendet und weist derselbe mit Jahresschluß eine Schuld von 641 fl. auf. Der Musikfoud beträat 1037 fl. 84 kr. und der Vergnügungsfond 353 fl. 69 kr. Die Mitgliederzahl von 374 ist um zwei Mann geringer als im Vorjahre. Die Revisoren I. Tureck und A. Schrader hattcn die einzelnen Rechnungen geprüft und sie in vollkommener Ordnung gefunden, weßhalb den betreffenden Cassteren das Absolutorium und der Dank der Versammlung ertheilt wurde. Die Versammlung erklärte sich über Vorschlag des Ausschusses einverstanden, der vom obcrösterreichischen Landes- Feuerwehrverbande gegründeten Unterstützungs- casse beizutreten. Nach der Angelobung neuer Mitglieder erfolgte die Wahl der Löschmeister, die nur Wiederwahlen brächte, mit Ausnahme des langjährigen Löschmeisters Josef Hack, der eine Wiederwahl ablehnte und an dessen Stelle Peter Steinhuber gewählt wurde. Nachdem der Obercommandant den abtretcnden Chargen gedankt und die neugewühlten begrüßt hatte,

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