Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1897

Kurze KHronik von Steyr und dessen Jndnstriebezirk. Von Anfang September 1895 bis Ende Angnst 1896. Am Schlüsse der vorjährigen Chronik gaben wir der Hoffnung Ausdruck, daß es bezüglich des zwischen der Stadtgemeinde Steyr und der Gesellschaft für Gasindustrie in Augsburg ausgebrochenenBeleuchtungsstreites dem vom Gemeinderathe zur Schlichtung dieses Streites eingesetzten Comite gelingen möchte, einen günstigen Ausgleich zu Staude-zu bringen. Dies wurde denn auch glücklicherweise nach langen, umständlichen Verhandlungen mit der Gasindustrie - Gesellschaft erreicht. Das betreffende Comite konnte nämlich nach einem ausführlichen Berichte seines Obmannes, des Vicebürgermeisters Victor Stigler, in der Gemeinderathssitzung am 17. Jänner 1896 den Entwurf eines Vertrages der Stadtgemeinde mit der Gasindustrie-Gesellschaft vorlegen, welcher vom Gemeinderathe nach eingehender Debatte einstimmig angenommen wurde. Derselbe besteht der Hauptsache nach darin, daß der Fortbestand des Elektricitätswcrkes und seiner Beleuchtungsanlagen bei den Privaten nach dem Stande vom 9. December 1895 unter beliebiger Ausdehnung derselben bei den bisherigen Stromabnehmern zu BeleuchtungsZwecken gesichert, die Stromabgabe von Elektricität für Motoren unbeschränkt ist, daß ferner die heutigen Gaspreise für Privatconsumenten während der Dauer des Gasvertrages nicht erhöht werden können, daß die Gemeinde zu keinerlei Ersatzleistung für Gewinn -Entgang von der Gasgesellschaft herangezogen werden kann, überhaupt materiell keine Schädigung erfährt, dagegen aber die Concessionsdauer für die Gaswerke um fünf Jahre verlängert wird. Die Kosten der Anfechtungsklage wurden allein von der Elektricitäts-Gesellschaft getragen, die sich überdies in einem Vertrage zwischen ihr und der Stadtgemeinde zur Einhaltung der von Seite der Gemeinde gegenüber der Gesellschaft für Gasbeleuchtung in Augsburg eingegangenen, die elektrischen Anlagen betreffenden Vereinbarungen verpflichtete. Hiemit war der Beleuchtungsstreit in einer Weise beigelegt, wie er jeden Einsichtigen befriedigen muß. Es war dies wohl das wichtigste Ereigniß in dem Zeitraume, über welchen wir zu berichten haben, weshalb wir dasselbe gleich an die Spitze unserer Mittheilungen setzten. Wir lassen nun die weiteren Vorkommnisse in chronologischer Ordnung folgen. Der Nadfahrerverein „Styria" veranstal- tete am 1. September 1895 in Steyr ein i n t e r- nationalesNadwettfahren, an dem die bekanntesten Fahrer des In- und Auslandes theilnahmen, wodurch sich selbes zu einem sportlichen Ereignisse hervorragenden Ranges erhob. Es fand Hiebei ein Zweirad-Niederradfahren Steyr-Enns und zurück, ein Juniorfahren, ein Doppelsitz-Niederradfahren, ein Neulingsfahren und ein Straßenreccordfahrcn statt. Die bezüglichen erstplacirtenSieger waren: Hans G r u b e r aus Ried, Alfred K a f f aus Wien, Beyschlag- Rabl, Paul Fendt aus Steyr und Georg G o eß. Der Startplatz befand sich vor dem erst kurz vorherrenovirten alterthümlichen Schnallen- thor, dessen Abbildung wir auf der nächsten Seite bringen. Dem Fahren ging ein gemeinsames animirtes Mittagsessen im Hotel Eisel- meyr voraus, an dem auch Bürgermeister Red l theilnahm, und welcher Hiebei die fremden Radfahrer Namens der Stadt aufs Freundlichste begrüßte. Der Leiter der Nennen, Waffen- fabriksbeamter Friedrich L a n d si e d l, begrüßte die Theilnehmer Namens des veranstaltenden Vereines. Chefredacteur Balduin G r o l l e r dankte für diese freundlichen Begrüßungen und den herzlichen Empfang, den die Festgäste gefunden haben. Vor dem Hotel concertirte währenddem die Bürgercorpscapelle. Ein Festconcert im Hotel Schiff, während welchem die Preisvertheilung vorgenommen wurde, schloß das sportliche Fest. Am selben Tage fand in Weher das Gründungsfest, sowie die Fahnenweihe des katholischen Arbeitervereines für Weyer und Umgebung unter Beisein der Spitzen der Behörden und Aemter, sowie der Gemeinde- Vorstehung statt. Zu diesem Feste erschienen 16 Vereine aus Ober- und Niederösterreich und Steiermark. Ein Fockelzug am Vorabende, an welchem sich circa 250 Lampionsträger bethei- ligten, fiel prächtig aus. Desgleichen war der am Festtage Nachmittags stattgehabte Festzug ein äußerst gelungener. Der Markt war hübsch beflaggt, und allseits herrschte eine freudige, gemüthsvolle Festesstimmung. Anfangs September wurde dem Professor an der Staatsoberrealschule in Steyr Vin- cenz Lav ogler eine erledigte Lehrkanzel am Staatsgymnasium in Innsbruck verliehe«. Den großen Kreis von Bekannten und Freunden, die sich Professor Lavogler und seine Gemalin in Steyr erworben, erfüllte deren Scheiden mit aufrichtigem Bedauern. Die Schüler verloren an Professor Lavogler einen ebenso gerechten als wohlwollenden Lehrer, der Lehrkörper der Realschule eine ausgezeichnete Lehrkraft. In das musikalische Leben Steyrs riß der Weggang des Ehepaares Lavogler eine unausfüllbare Lücke. Zur selben Zeit wurde dem k. u. k. Oberlieutenant d. R. und Abtheilungs-Vor- stand der österreichischen Waffenfabrik Hans Sträch o w s k y vom Sultan Abdul Hamid II. der Os- mauie - Orden III. Classe verliehen. Die Jnsignien dieses Ordens wurden ihm durch die Stadtgemeinde Steyr übermittelt. In Kirchdorf fand am 3. September die Ver- mälung des Fräuleins N. B aumgartner,. Tochter des ehemaligen Canditen- fabrikanten Josef Baum- gartner in Micheldorf, mit demSensengewerksbesitzer in Ramsau Franz Schweiger statt. Auf dem- Jmitz bei Windischgarsten wurde am 5. September der verheiratete Holzknecht Josef Bauer beim Holzfällen so schwer verletzt, dass er schon am nächsten Tage starb. Während des Badens ertrank unweit der Jäger- caserne in der Enns am 5. September der Hornist Leopold Klomm- wieder des in Steyr garnisonirenden Jäger- Bataillons. Ein plötzlicher Krampfanfall dürste dem Unglücklichen, der als guter Schwimmer bei seinen Cameraden bekannt war, das Leben gekostet haben. Die Leiche wurde am 14. September unweit Kronstorf angeschwemmt. In Steinbach an der Steyr wurde am 8. September ein Doppelfest gefeiert. Die dortige Bürgergarde beging das fünfzig- lährige Jubiläum ihres Bestandes und gleichzeitig - ihr Hauptmann Rein grub er das seiner ebensolangen Zugehörigkeit zum Corps. Am Vorabende war Zapfenstreich und wurden wahrend desselben der Frau Landesgerichtsrath Laura E d l b a ch e r, als Stellvertreteriu der 105 Fahneumutter Excellenz Frau Gräfin Lamberg, und dem Adjnncten Dr. Hub er Ständchen gebracht. Nach selbem zogen unter Vorantritt der Musik die Bürgergarde und der Veteranenverein und die Feuerwehr mit Lampions vor das Haus des Jubilars, woselbst unter Abbren- nung eines Feuerwerks Letzterem eine Serenade gebracht wurde. Der Feldmesse, welche am Festtage durch den Feldcaplan Pfarrer Schwarzbauer auf dem Festplatze celebrirt wurde, wohnten der k. k. Bezirkshauptmann Baron Conrad-Eybesfeld von Kirchdorf, die Bürgergarde, viele auswärtige Bürgergarden, Veteranenvereine, Feuerwehren und der Gesellen- und Arbeiter-Verein von Steinbach bei. Nach selber wurde die Fahne unter üblichem DaS Schnallenthor in Steyr. Ceremoniell geweiht. Während des Festessens, welches in Pichlers Gasthof war, wurden auf Se. Majestät und den Jubilar mehrere Toaste ausgebracht. Dem greisen Hauptmann wurde auch ein silberner Pokal überreicht. Nachmittags concertirten die anwesenden Musikcapellen in verschiedenen Gasthöfen des Ortes und des Schwesterortes Grünburg. In Behamberg brannte am 10. September das Neinthalgut auf der Streußl- höhe ab. Das Vieh und der größte Theil der Einrichtungsgegenstände konnten gerettet werden, die eingebrachte Fechsung aber ging zu Grunde. Der Schaden war durch Versicherung gedeckt, Nauchfangfeuer war die Ursache des Brandes.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2