102 ja echte Goldstücke mit dem Bildnisse unseres gnädigsten Herrn Herzogs — wie kommen die nur da her?" „Frag' nicht, Förster", entgegnete das Bergmännchen ungeduldig, weil es sehnlichst nach der Freiheit verlangte, „vielleicht hat sie der Fluß hier angeschwemmt — doch, nimm so viel davon, als Dir gutdünkt, aber mach' schnell!" Der Förster las mit der freien Hand die Goldstücke auf und steckte sie in seine Taschen und das Bergmännchen half ihm dabei bereitwilligst mit. .„Genug", sagte der Alte endlich, da er fühlte, wie seine Taschen schwer wurden, „ich lang' nun aus und hvff', die Noth hat bei mir ein End' — ich dank Dir gar sehr, Bergmanderl. Gelang ich wohl hinaus?" „Wüßt nicht, wie Du den Weg anjetzt noch fehlen könntest", meinte das Bergmännchen, ihn nicht verstehen wollend, und da jetzt die Faust des Försters sich öffnete, fühlte es sich frei und ledig, es stieß einen Jubelschrei aus, machte sich eiligst davon und schon im nächsten Augenblicke gewahrte es der Förster hoch über sich auf einem vorspringenden Stein an der Wand stehen. „Nichts für ungut", rief ihm der dankbare Förster als Abschied zu. „Gewiß nicht", gab das Bergmänn- chen lachend zurück, „hast's aber nicht gar schlau angestellt, mein Lieber —" ..Was soll das heißen?" fragte der Förster, der nicht errathen konnte, wo das Bergmännchen mit diesen Worten hinzielte, und Unheil ahnte. „Des Menschen Sinn ist nur uach Gold und Geld", sagte jetzt das Bergmännchen ernst und strich leise seinen langen Bart, „das thut aber doch nicht Alles — hättest mich lieber gefragt, zu was das Kreuz in der Nuß ist, es tväre den Deinen, Dir und Euch Menschen allen besser gewesen! Sieh zu, was Dein Geld vermag! " Sprach's und war verschwunden. Der Förster hatte nicht wenig ver- wundert die Worte gehört, welche das Bergmännchen soeben gesprochen,, aber das plötzliche Verschwinden seines kleinen Wohlthäters ließ ihm nicht Zeit, über den Sinn dieser Rede nachzudenken, denn der Alte wußte aus den Erzählungen und Schilderungen über Berggeister und dergleichen von den Menschen doch nie verstandener Sippschaft, daß das Bergmännchen mit dem Augenblicke- wo es vor seinen Blicken verschwand, auch tvieder jene übernatürlichen Kräfte erlangt hatte, die ihm nun, falls das Bergmännchen rachesüchtig war, gefährlich werden konnten. Der Förster beeilte sich daher, durch den schmalen Gang aus dem Felsen heraus wieder ins Freie zu gelangen, und unwillkürlich athmete er tief und erleichtert auf, als sein Fuß den Felsblock überstieg, der dem Eingänge zur Höhle vorgelagert war. Dann warf er die harzigen Leucht- hölzer, die ihm nun unnütz waren, weg, trat den noch glimmenden Span sorgfältig mit dem Fuße aus und begann den beschwerlichen Aufstieg zu seiner Hütte, fröhlich ab und zu auf die wohlgesüllten Taschen sich klopfend — an des Berg- männchens sonderbare Abschiedsworte dachte er nicht mehr. II. Nach seiner Heimkehr verbarg der Förster sorgfältig seinen Schatz, der übrigens nicht all zu groß war, deuu die Taschen waren nicht sehr tief gewesen. Das Geld langte jedoch aus, um Arzt und Arzneimittel zu bezahlen und, sobald die Kranke eine Neise vertrug, dieselbe zu Verwandten in die südliche Steier- mark bringen zu lassen, damit sie in dem milderen Klima genesen könne. Allein-es kam anders. Wenige Wochen nach dem für den Förster so glücklich abgelaufenen Zusammentreffen mit dem Bergmännchen erkrankte des Alten Schwiegersohn plötzlich an der Pest und starb wenige Stunden darauf eines qualvollen Todes, nur betreut vom Förster, der um schweres Geld keiue Psteger für seinen Eidam hatte finden können, und gegen Ende dieses unglücklichen Jahres folgte des Försters Tochter ihrem Gatten in das Jenseits nach. Da stand denn der verzweifelte Förster mit seinem Enkelkinde allein da, fast ohne Erwerb und ohne Mittel, denn auch das so schnell erworbene Geld war durch die großen Auslagen schnell alle geworden. Der alte Vollbrecht selber hatte an seiner Gesundheit so gelitten, daß er dem beschwerlichen Dienst eines Försters nimmer nachkommen konnte und wohl auch nicht mehr wollte. Sein weiteres Schicksal machte ihm wenig Kummer, wohl aber die Zukunft seines Enkelkindes, das übrigens prächtig herauwuchs, und so saun und dachte er darüber nach, was da zu thun sei, Hiebei gequält von Selbst- vorwürfen, die er sich darüber machte, daß er das Geld von dem Bergmännchen angenommen und nicht dessen Hilfe für seine arme Kranke begehrt hatte? Dabei klärten sich seine Gedanken aber doch nach und nach vollkommen ab und als der December des Jahres 1349 mit Eis und Schnee und grimmiger Kälte die Gottesgeißel Pest erlöschen gemacht hatte, war sich der alte Vollbrecht vollkommen klar darüber, was er nun beginnen wolle. Und so stand der Förster am Vortage des Weihnachtsfestes 1349 vor dem Abte Michael von Garsten*), schilderte ihm seine traurigen Erlebnisse in der inngst verflossenen Zeit und verschwieg auch das Abenteuer mit dem Berq- männchen nicht. „All den Jammer, so mich betroffen, hat meine Habsucht verursacht", sagte der Förster wehmüthig, „und ich seh's wohl ein, daß ich gar groß und viel gefehlt habe. Ich will's aber, sühnen hochwürdigster Herr Abt, und so Ihr mit mir einverstanden seid, meinen Enkel dem Dienste der Kirche widmen, ich selbst aber die wenigen mir noch vom Himmel lluamgst geschenkten Tage als Klausner un Gebet und Studium der Werke Gottes zum Wohle meiner Mitmenschen auf Waem Felsen verbringen, in welchem mem jetziges Elend seinen Anfang nahm!" ,,, Der Abt versuchte, den Alten zu trösten mw^esem,seinen Entschluß auszureden, *) Michael I. war Abt von Garsten vom 103 allein der alte Vollbrecht blieb starr und unbeugsam, und so willigte denn Abt Michael in Vollbrechts Bitten, nahm den frischen, geistig vielversprechenden Enkel des Försters in die Klvsterschule auf, >vo er zum Priester herangebildet werden sollte, und erivirkte es beim Burggrafen in Steyr, daß der alte Vollbrecht die Uhuhütte am Fels da draußen an der Steyr zu einer Klause umgestalten und dort, fernab vom Getriebe der Welt — denn das Försterhaus wollte seit dem Pesttodesfalle daselbst Niemand mehr bewohnen und verfiel nur allzu rasch — seine Tage verbüßend, als Eremit in beschaulicher Andacht verbringen konnte. Der alte Vollbrecht lebte noch gar manches Jahr, und er bemühte sich nnn, kein noch so unscheinbares Ding gering- schätzend anzusehen, sondern dessen ge- heinien Zweck zu erforschen und demselben das Geheimniß seines Daseins abzulauschen. Dadurch wurde er denn gar bald ein Arzt von großem Ruf, und da er seine Erfahrungen hilfsbereit und selbstlos im Dienste der kranken und leidenden Menschheit verwerthete, verbreitete sich der Ruf seiner Frömmigkeit und seines Wissens weit hinauf und hinab in die schönen Gaue der Steyr und Enns. ..^^ . or aber nach gethaner Tages- ^u^in aus dem Bänkchen vor seiner Hütte und blickte hinab aus das herrliche. 4,hal von Steyr zu seinen Füßen, dann strichen seme nun mageren und vo,n Aller ungelenkigen Finger unwillkürlich und leise durch den langen, schneeweißen Bart und er gedachte längst vergangener Z«ten. Dann erwog er immer wieder, . hoher zu schätzen und für den Menschen nützlicher sei, Gold oder die Kenntniß vom Wesen auch des unscheinbarsten Dinges in der Natur, und immer bewegten dann die Worte des Bergmännchens gar mächtig seinen nie rastenden Geist, der es doch nicht zu erfassen vermochte, welchen Zweck es von der Natur aus wohl haben könnte, das K r e u i rn der Nuß! Jahrc 1335 bis 1352.
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