96 Ketten oben am Zeltdach. Von Saugkraft des sinkenden Schiffes habe ich nichts verspürt. Wie viele Menschen außer mir im Wasser zappelten, wäre schwer zu sagen. Ich hörte lautes Rufen und Schreien, aber merkwürdigerweise war es ganz munteres Rufen. Man hörte, wie sich Leute von allen Richtungen zuschrien: Sind Sie da? Sind Sie das? Wen haben Sie bei sich? und dergleichen. Das dauerte jedoch nicht lange. Aus dem umgestürzten Boote waren die Ruder und der Sparren herausgefallen, der den Ueberzug festhielt; an diesem klammerten wir uns an. Eine fremde Frau, die ich nicht kannte, ergriff mich am Halse. Ich machte mich von ihr los und schloß ihre Hände um den Sparren. Sie hielt eine kurze Weile daran fest und glitt dann in die Tiefe. Es mochten damals wohl acht oder neun Personen sich an dem Sparren festhalten. Als es dann aber nach einigen Stunden Tag- wurde, waren wir noch zu Drei. Von den Officieren hatte ich nur den vierten gesehen, der bei mir war. Um uns waren nur Schiffstrümmer aller Art zu sehen, von Booten keine Spur; außer dem Steuermann Ellis war gegen 7a4 oder 4 Uhr aber mit mir noch ein Passagier dritter Classe an dem Sparren. . Dieser Mann schlüpfte zuletzt aus seinem Rettungsgürtel hervor, trieb ab, drehte sich ein paarmal um und versank. Auch dem Steuermann Ellis fiel der Kopf bald zurück. Er muß schon eine Weile todt gewesen sein, als ich von dem Fischer Berthel o in seinem kleinen Boote gerettet wurde." Aer GMon irr St. Louis. Das Wort, daß in Amerika alles ungewöhnliche Maßverhältnisse annimmt, hat sich wieder einmal in trauriger Weise bestätigt. Der furchtbare Cyklon, der am 27. Mai 1896 die Stadt St. Louis im Staate Missouri verwüstet hat, findet nicht allein in Europa nicht seinesgleichen, sondern dürste auch in unseren, von Wirbelwinden so häufig heimgesuchten westlichen Staaten glücklicherweise ganz vereinzelt dastehen. Der Orkan war höchst eigenthümlicher Natur. Nach mehreren Tagen großer Hitze kühlte sich ant 27. Mai die Luft plötzlich ab. Gegen 6 Uhr Nachmittags ward der Himmel bleifarben, grünliche Wolken zogen auf, Blitze zuckten, Regen- ströme gössen herab und ein Wirbelsturm, dem nichts zu widerstehen vermochte, fegte von Westen her durch die Straßen der Stadt. Dieser hatte mehr den Charakter eines Tornados, als den eines Cyklons; seine Richtung ging von Südwest nach Nordost, Tod und Verderben im Gefolge. In 16 bis 20 Minuten war die stolze Stadt am Mississippi in ein grausiges Trümmerfeld; verwandelt; über 3000 Häuser, darunter etwa 12 Kirchen und 26 Schulen, sind gänzlich oder doch zum größten Theil zerstört; etwa 400 Bewohner wurden getödtet und 700 verwundet. Von der in den Jahren 1869 bis 1874 er-- bauten 680 Meter langen Riesenbrücke, die mit drei auf steinernen Pfeilern fundamentirteu Bogen über den Mississippi nach Ost-St. Louis führt, ward ein Stück von etwa 17 Meter weg» gerissen; das Mauerwerk wurde zerstört, die schweren Bahnschienen u. s. w. glatt abgeschnitten und die eisernen Bindebalken gleich dünnem Draht gebogen. Als der Sturm über die Brücke dahinbrauste, fuhr gerade ein Zug darüber; er wurde umgeworfen, merkwürdigerweise nährn aber Niemand Schaden. Unter den zerstörten Häusern befinden sich, wie bereits erwähnt, viele öffentliche Gebäude. Besonders groß ist der im deutschen Viertel angerichtete Schaden. Das Rettungswerk begann sofort nach dem Sturm. Bereits am folgenden Tage faßte der Congreß den Beschluß, ausgiebige Hilfe zu leisten; auch viele Städte, darunter Chicago und Newyork, boten St. Louis ihre Unterstützung an. Der Schaden betrügt etwa 200 Millionen Mark, soweit er sich vorläufig abschätzen läßt. Da dei größte Theil der Betroffenen, mit Ausnahme von Arbeitern in Ost-St. Louis, nicht ganz mittellos ist, wird die Stadt sich bald wieder von dem Unglück erholen. Der Schaden an den Gebäuden u. s. w. wird freilich nur langsam wieder ausgebessert werden können; sind doch in Ost-St. Louis ganze Straßen völlig zerstört worden. Die Drähte der elektrischen Straßenbahnen waren noch zwei Tage nach den: Sturm so verwirrt, daß mehrere Linien nicht befahren werden konnten. Erhöht wurden die Schrecken jenes Abends noch, durch gelegentlich ausbrechende Feuersbrünste. Nans --------------— Nordwestliche Durchfahrt . -------------------- 2. Deutsche Nordpolfahrt J u. Hegemann). ----------------- Oesterreich.-ungar. Nordpol (Wcyprecht und Paper). —..........— Nansen's Durchquerung Gr lands 1888. ___-______Nordiistl. Durchfahrt 1878- (Nordenskiöldj. Erreichte höchste Breiten gegen den Nordpol: Nansen 1895 86» 44 Lockwood 1882 83« 24' Markham 1876 8 3° 20 Beaumont 1876 82» 8 4' Parry 1827 82» 4 5' Payer 1874 82» 5' dieses Jahres befand man sich unter 83° 24' n. Br., und im Mä vorn Eis umschlossene «Fram» statt nach Norden nun gar westwi einem Begleiter, Fredrik Hjalmar Johansen, seinen Weg über das befand sich der «Fram» unter 83° 59' n. Br. und 102° 27' ö. L. v. 1 sammt 28 Hunden als Zugthieren und 2 Kajaks (kleine Grönländei Ueberall fand er Eis, aber inmitten desselben viele offene Wasse Strom und das offene Polarmeer bestätigt wurde. Land jedoch wj Nansen und sein wackerer Gefährte schnell vorwärts und legten (der höchsten bisher erreichten Breite), von wo aus Nansen auf Sei Hunde und der Umstand, dass die Eismassen, auf denen sie sich 1 Umkehr, welche sie am 7. April 1895 antraten. Ueber Schnee und : erreichten Nansen und Johansen am 26. August unter 81° 13' n. E Eise errichteten sie sich eine rohe Hütte aus Erde, Steinen und M< Nahrung bestand in Walross- und Bärenfleisch. Da Nansen s beide Chronometer-Uhren stehen geblieben wan und hatte die Orientirung vollends verloren. Er wusste daher nicht, c entdeckten Franz Josefs-Landes befinde, und wollte im Frühsommer Spitzbergen zu marschiren, ein Unternehmen, welches nicht nur seht gewesen wäre. Man kann sich daher Nansen’s und Johansen’s frei Hütte am 17. Juni mit einem anderen Polarfahrer, dem Engländer grösseren Expedition seit 1894 auf dem Franz Josefs-Lande zur Erfc sie, dass sie in geringer Entfernung vorn Cap Flora der Northbrook- die beiden Reisenden nach seinem behaglich eingerichteten Hau] Josefs-Lande mit. Dort warteten sie die Ankunft des Schiffes «Wind^ Jackson s neue Zufuhren bringen sollte. Mit diesem Schiffe tra 7. August die Heimfahrt an und trafen, wie bekannt, glücklich am Wenige Tage später, in der Nacht vorn 19. auf den 20. Augus der «Fram», in dem norwegischen Inselhafen Skjärvö an, der untei des Kyenang-Fjordes zwischen Tromsö und Hammerfest liegt. Comi liehe Capitän Otto Neumann Sverdrup, Nansen’s treuer Begleiter . lands. Das Schift war, nachdem Nansen dasselbe verlassen, west' 85° 57' seinen nördlichsten Punkt, gelangte nach Spitzbergen und k elf Mann seiner Besatzung verloren zu haben, in die Heimat zurücl Kartog
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