82 Im Jahre 1900 will Paris eine Weltausstellung, glänzender und großartiger, als alles bisher Gesehene, Veranstalter!; dies war für Deutschland Anlaß genug, um der Welt zu zeigen, daß man auf Paris 1900 nicht zu warten braucht. Und die Berliner Gewerbe-Ausstellung darf auch großartig genannt werden. Sie wurde bereits im Eröffnungsmonat Mai von 1,200.000 Personen besucht. Ein Vierteljahrhundert ist gerade verflossen, seit Berlin zur Kaiserstadt, zur Hauptstadt des Reiches wurde. In dieser Zeit ist es riesig gewachsen und fröhlich, emporgeblüht. Als Sitz hoher Behörden, als Pflegestätte der Kunst und Wissenschaft zeichnet sich die Großstadt durch das regste geistige Leben aus und dabei hat sie dem Handel und Wandel gastlich ihre Thore geöffnet; weit und breit ist die Berliner Industrie berühmt. Die Berliner Ausstellung gibt ein glänzendes Gcsammtbild regster Thätigkeit, eine Fülle beachtenswerther Errungenschaften auf den verschiedensten Gebieten menschlichen Wissens und Könnens. In großen Zügen ist auf der Ausstellung aller Industrien und ihrer heutigen Vollendung gedacht und das Hauptaugenmerk auf die Volksernährung und das Heerwesen, dieser mächtigsten Factoren des Staatsgedeihens, gerichtet; vielleicht der interessanteste Theil der Gewerbe-Ausstellung ist die Ausstellung der deutschen Colonien in Afrika. Selbstredend sind auch die Vergnügungsorte in einer so groß angelegten Ausstellung des Nahmens würdig. Ein Alpenpanorama von Künstlern der Malerei und classisch zusammengestellt, versetzt den Besucher, der durch ein Tunnel einfährt, in die herrlichste Alpenlandschaft, die mit Naturtreue hieher gezaubert wurde. Freunde von Kriegsschauspielen finden im Marinepanorama, wo täglich Seeschlachten von Miniaturschiffen geschlagen werden, ihre Rechnung. Aber nicht nur die Metropole, auch andere deutsche Orte, veranftalteten Ausstellungen, und zwar haben wir eine bayerische LandeZ-Aus- stellung in Nürnberg, eine Ausstellung der Erzeugnisse württembergi,scher. Firmen aus sämmtlichen Zweigen der Elektrotechnik in Stuttgart, die Ausstellung des sächsischen Handwerks nnd Kunstgewerbes in Dresden, die Schleswig-Hol- steiner Provinzial-Ausstellung und die internationale Ausstellung für Schiffahrt und Fischerei in Kiel, am Gestade der Ostsee. Arankreich. Man hat Frankreich längst als das minister- reichste Land der Welt bezeichnet, und mit Recht; denn was dort an Ministern in einem Jahre consumirt wird, das verbrauchen alle europäischen Staaten in zehn Jahren nicht. An der Spitze der französischen Staatsverwaltung steht noch immer Felix Faure, der Nachfolger Ca- simir Pärier's, und, glaubt man den verbürgten Nachrichten, so ist seine Stellung zur Zeit mehr gefestigt, als je. Donnerstag den 4. März fand in Mentone, wo Kaiser Franz Josef weilte, eine Entrevue zwischen unserem Kaiser und dem Präsidenten Felix Faure statt; anläßlich derselben nahm der Präsident Frankreichs Gelegenheit, die friedlichen Absichten der Republik zu betonen und seine Freude über die guten Beziehungen zu Oesterreich auszusprechen. In Begleitung des Präsidenten Faure befanden sich der damalige Ministerpräsident Bourgeois, sowie der Marineminister Lockroy, die beide hervorragende Politiker sind und dem französischen Staatswesen nicht unerhebliche Dienste leisteten. Bourgeois, der Ministerpräsident, gehörte dem radicalen Flügel der äußersten Linken in der Nationalversammlung an, er ist Socialist und machte das Merkwürdige möglich, daß in einem so reichen Lande, wie Frankreich, ein socialistisches Cabinet so lange regieren konnte. Nach dem Abgänge Barthelot's vertauschte Bourgeois das Portefeuille des Innern mit dem der äußeren Angelegenheiten und an seine Stelle kam Sarrieu als Minister des Innern. Derselbe ist deshalb interessant, weil er nunmehr zum vierten Male Minister ist; unter Brisson war er Post- und Telegraphenminister, unter Freycinet Minister des Innern, unter Tirard Justizminister. In der politischen Lage Frankreichs sind keine wesentlichen Veränderungen eingetreten; die guten Beziehungen zu Rußland, die Casimir Perier zu pflegen wußte, haben unter Faure etwas nachgelassen, doch herrscht zwischen den beiden Ländern noch immer gutes Einvernehmen. Durch den Tod Louis Pasteur's, des berühmten Gelehrten, der die Bekämpfung der Hundswuth als sein Lebensziel betrachtete, erlitt Frankreich einen großen Schlag. Der Gelehrte, der gerade an einem großen medicinischen Werke arbeitete, wurde nach kurzem Leiden weggcrafft und das ganze Land trauerte an seiner Bahre. Auf den 27. November des Jahres 1898 fättt der Tod des berühmten Romanciers Ale- xander Dumas, dessen Name wohl in der ganzen Welt bekannt ist. Alexander Dumas ist der Autor der „Kamelien-Dame", und hätte er sonst nichts geschrieben, als dieses Schauspiel, er hätte sich ewigen Nachruhm erworben. Der Feder Dumas' entstammen indes so zahlreiche Werke, die sich die Welt erobert haben, daß ihn, Nie- «Louis Z^alteur. mand den Rang des berühmtesten Dramatikers der Neuzeit absprcchen kann. Alexander Dumas, ein natürlicher Sohn seines berühmten Vaters' wurde im Jahre 1824 in Paris geboren. Schon frühzeitig machte er sich durch sein Talent bemerkbar und verließ mit 16 Jahren das Colläge Bourbon. Er unternahm mit seinem Vater Reisen nach Spanien und Afrika und schrieb hierauf einen sechsbändigen Roman: „Der An- beter von vier Frauen," der Aufmerksamkeit er- ^egte. Anfänglich im geistigen Geleise seines aterv wandelnd, brach der junge Autor dann mit dessen Nachahmung, und erschien 1848 fein Römern „Die Kamelien-Dame," dessen ungeheurer erfolg nur mehr durch den Erfolg des gleich-1 83 namigen Schauspiels übertroffen werden konnte. Alexander Dumas Als war mit einem Schlage eine literarische Macht geworden. Seine nachfolgenden Schriften wurden, noch druckfeucht, von, Lesepublicum verschlungen und machten ihn zum populärsten Autor. Den Stoff für eines seiner beliebtesten Stücke, „Der verschwenderische Vater", lieferte ihm sein eigener Vater, der bekanntlich,' trotz seiner großen Einnahmen, oft in finanzielle Calamitäten gerieth und vermögenslos starb. Die französische Akademie hat 1878 Dumas Äs m ihre Reihen ausgenommen, er wäre auch ohne diese Auszeichnung ein Unsterblicher geworden. Sn den Sommermonaten besaß Paris eine große Attraction in der Hellseherin Fräulein ouesnon, die als irdische Vertreterin des Erzengels Gabriel den Leuten die Köpfe verdrehte. Die junge Prophetin ist die Tochter eines Pariser Advocaten, der sich als wohlhabender Mann ins Privatleben zurückzog. Fräulein Couesnon hat eine gute Erziehung genossen und bekam - erst am 8. August einen, wahrscheinlich Piste, ischen, Anfall, der sie zur Hellseherin machte. Sie erklärt, was sie spricht, rede der Erzengel Gabriel aus ihr. Ihre Eltern erzählen, daß das Mädchen stundenlang in Ekstase verfällt und die seltsamsten Sachen spricht. Die Menge drängte stch zu der Hellseherin, um den Erzengel Gabriel 6*
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