72 73 kleinen Stefansplatz ganz überblicken kann, so freilegen, daß er vom Graben aus in seiner ganzen imposanten Gestalt sichtbar ist. Dem Projecte stellten sich anfangs freilich zahlreiche MozarL-Aenlimat. Gegner entgegen, die aber durch die Aufbringung der zur Freilegung erforderlichen Geldmittel zum Schweigen gebracht wurden. — Eine Zierde unserer Stadt ist die neue Weyr'sche Brunnengruppe, „Die Macht zur See", die auf dem äußereu Burgthor aufgestellt ist. Dieselbe personificirt „Die Macht zur See". Siegreich wehrt eine Frauengestalt dem Ansturm des Meeresungeheuers, das in ohnmächtiger Wuth einen Felsblock ergreift, um ihn auf das Schiff zu schleuderu. Neptun sieht bekümmert, daß seine Macht zu Ende ist. Auf dem Platze hinter der Oper, gegenüber dem Albrechts-Brunnen, erhebt sich das Tilgner- sche Mozart-Denkmal; auf hohem Sockel zeigt sich die idealisirte Gestalt des großen Meisters, der in Jünglingsjahren gedacht ist. Das ganze Denkmal athmet Poesie und alle Kunst der Plastik ist angewendet, um dem Beschauer den Eindruck zu geben, daß es ein Meister der Melodie ist, dem hier von Künstlerhand ein Denkmal zu ewigem Nachruhm errichtet wurde. * * * In politischer Hinsicht gruppirt sich das verflossene Halbjahr um die Person des Grafen Kasimir Badeni, der im October 1893 dazu berufen wurde, ein neues Cabiuet 31t bilden. Graf Badeni, ein Mann von seltener Energie und Thatkraft, betrat den Kampfplatz mit der Hraf Kasimir Aadeni. festen Ueberzeugung, kein Haar breit von seinem Programm abzuweichen, und schuf sich dadurch den Namen der „eisernen Hand". Der „Wahlreformvorlage", die ein Hemmniß der verflossenen Ministerien war, legte Graf Badeni von allem Anfang an größte Sorgfalt bei, und brächte es so zu Stande, eine Wahlreform zu schaffen, die alle Parteien zufrieden stellen und ihm in keinem Lager Feinde erwecken sollte. Weniger glücklich war Badeni's Politik der antiliberalen Partei der Wiener Bevölkerung gegenüber, doch Zog sich der Ministerpräsident auch hier aus der Affaire, freilich nicht ohne Concessionen machen Zu müssen, die er keineswegs beabsichtigt haben mochte. Graf Badeni kam von seinem Statthalterposten in Galizien, von wo man ihn ungern scheiden sah, nach Wien. Die Erfolge, die Graf Badeni im Verwaltungsdienste des Kronlandes Galizien erzielte, boten dem Monarchen die Gewähr dafür, daß Graf Badeni der richtige Mann sei, um die.Leitung der Geschäfte des österreichischen Staates übernehmen zu können. Der Finanzminister des Ministeriums Badeni, der zugleich als Sprechminister ungefähr dieselbe Rolle hat, wie Dunajewski unter Taaffe, ist Dr. Leon v. Bilinski. Bis zu seiner Berufung auf den Ministerposten fungirte Bilinski als Generaldirector der österreichischen Staatsbahnen, in welcher Eigenschaft er dem Staate die wesentlichsten Dienste leisten konnte. Dr. v. Bilinski gehört dem Parlamente seit 1883 an, er gilt im Abgeordnetenhaus als ein sehr schneidiger Redner, der die Opposition stets abzu- fertigen weiß. Handelsminister Freiherr Glanz v. Sicher hat gleich bei seinem Amtsantritt sein Programm festgestellt. Es culminirt in dem Satze, daß auch der kleinindustriellen Produktion von nun an gebührende Pflege zutheil werden soll. Freiherr v. Glanz hat seit vielen Jahren den Vorsitz bei den Handelsvertragsverhandlungen, sowie bei der österreichisch-ungarischen Zollconferenz.
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